Hilton, Hyatt, Accor und andere große Hotelkonzerne sind in einem Punkt wie Autohersteller: Um verschiedene Zielgruppen und Bedürfnisse unter den Reisenden anzusprechen – von Luxus bis Budget – haben sie verschiedene Untermarken geschaffen. Quasi von der Luxuslimousine bis zum Kleinwagen.
Doch so wie es bei den Autos auch ist: Aus den Namen selbst wird nicht immer klar, was einen am Ende erwartet. Wobei das auch nicht immer so wichtig ist, wie sich bei einem Ausflug in den Dschungel der Hotelnamen zeigt.
Starten wir bei Hilton, der mutmaßlich bekanntesten Hotelmarke der Welt. Wussten Sie, dass Hilton rund 20 Untermarken hat?
Ein kleiner Einblick: Während das klassische Hilton laut Konzern in der gehobenen Oberklasse angesiedelt ist, sind Doubletree-by-Hilton-Hotels normale Oberklasse und Hampton-by-Hilton-Häuser gehobene Mittelklasse.
Für Luxus stehen im Hilton-Kosmos neben den Waldorf-Astoria-Hotels unter anderem Häuser der Marke Conrad, benannt nach Konzerngründer Conrad Hilton, und die Marke Signia by Hilton.
Sie verlieren den Überblick? Hilton ist nicht allein damit. Auszug aus der Liste der Hyatt-Marken: Destination by Hyatt, Caption by Hyatt, Hyatt Centric, Grand Hyatt, Hyatt Regency. Accor hat allein für die Hotelmarke ibis drei Untermarken: das klassische ibis, das ibis Styles und das ibis Budget.
Anruf bei Tourismusforscher und Marketingexperte Prof. Martin Lohmann: Was hält er von dieser Markenvielfalt und insbesondere Doppelmarken wie Doubletree by Hilton und Co?
Für das Konzept der Doppelmarken möge es gute Gründe geben, die er nicht kenne und darum nicht kompetent kritisieren könne, beginnt Lohmann. Für ihn zeichnet sich eine gute Marke durch Bekanntheit und Vertrautheit aus: „Ich weiß, was ich da erwarten kann.“
Und bestenfalls weckt sie auch ein bisschen Emotion und Begehrlichkeit. „Aber bei einem Doppelnamen wie Doubletree by Hilton poppt das erst mal für mich nicht auf“, sagt Lohmann.
Verglichen mit dem Automarkt sei Hilton ja so etwas wie ein Mercedes unter den Hotels. Bei Mercedes gibt es eine A-Klasse, eine C-Klasse, eine E-Klasse, eine S-Klasse: Mit aufsteigenden Buchstaben werden die Fahrzeuge größer und luxuriöser – eine logische Symbolik. „Doch was will mir Doubletree sagen? Dass das ein Baumhaus ist? Das erklärt eigentlich nichts“, sagt Lohmann.
Wörtlich könnte man Doubletree tatsächlich mit Doppelbaum oder Zwillingsbaum übersetzen. Steht das vielleicht für ein besonders naturnahes Ambiente, oder einen Fokus auf Nachhaltigkeit? Bei der Beschreibung dieser Marke auf der Hilton-Website findet sich nichts dergleichen – dafür dürfen Reisende einen „warmen Cookie“ erwarten, wenn sie im Doubletree einchecken. Wäre Bakery by Hilton dann nicht passender?
Florian Kock würde nicht zu viel in Hotelnamen reininterpretieren. Kock ist ebenfalls Wissenschaftler, er forscht und lehrt als Professor für Management mit dem Schwerpunkt Tourismus und Hospitality an der Copenhagen Business School. Kock sagt, Marken dienen der Abgrenzung zu anderen Produkten. „Das ist eine ihrer Kernfunktionen.“ Was der Name bedeuten könnte, ist dann zweitrangig, solange er nur einzigartig genug ist.
Als Beispiel nennt Kock die Münchner Hotelkette Motel One, die 2023 einen dreistelligen Millionengewinn vermeldet hatte – also offensichtlich Erfolg hat mit ihren Häusern. Dabei ist Motel als Begriff nicht unbedingt positiv besetzt. Man denkt womöglich an Autobahnen, weil man es mit den eher kargen Motels an amerikanischen Highways verbindet, die man aus Filmen kennt.
„Aus dem Bauch heraus wäre Motel One wahrscheinlich kein optimaler Name“, sagt Kock mit Blick auf solche möglichen Assoziationen. „Aber wir wissen aus der Forschung eben auch, dass der Name in erster Linie zum Unterscheiden von anderen Konkurrenzprodukten da ist – und dann gehen die Reisenden oft relativ schnell drüber hinweg.“
Dass Hotelkonzerne verschiedene Marken aufbauen, ist für Kock aus Marketing-Sicht nur logisch. Märkte differenzieren sich immer stärker aus. Angetrieben wird das dadurch, dass Kunden online auf alles direkt zugreifen können – die Auswahlmöglichkeiten sind größer, transparenter. Und die Hotels müssen Wege finden, wie sie aus der Masse des Angebots herausstechen.
„Ich glaube, dass bei Hotels immer auch eine gewisse Individualität gesucht wird“, sagt Kock. „Und wenn ich eine große Marke habe wie Hilton, steht die zwar für etwas, ist aber im Grunde genommen auch sehr austauschbar.“
Darum schafft der Konzern aus Sicht von Kock Untermarken wie Doubletree: um individueller zu wirken und spezielle Kundengruppen ansprechen. Mit Hilton als bekannter Dachmarke sollen sie dennoch verbunden werden - darum der Zusatz „by Hilton“.
Bei aller scheinbaren Beliebigkeit können Hotelnamen übrigens durchaus Assoziationen widerspiegeln. „Die Hotelkette Le Méridien lässt einem mit ihrem frankophonen Klang an eine gewisse Distinguiertheit denken, die solchen Fünf-Sterne-Häusern natürlich entgegenkommt“, gibt Kock ein Beispiel.
So ein „Country-of-Origin“-Effekt, also ein Herkunftslandeffekt, sei recht stark im Marketing. Dass Le Méridien als eine von mehr als 30 Marken des Marriot-Konzerns inzwischen amerikanisch ist, müssen buchende Reisende ja nicht wissen. Aber es zeigt: Man kann über die Namensgebung schon viel klarmachen – wenn man will.
Frage an Martin Lohmann: Wie würde er sein Hotel nennen? „Wenn ich ein einzelnes Haus habe, würde ich natürlich einen regionalen Bezug herstellen – also irgendwas mit Meer, Förde oder Hafen“, sagt der Tourismusforscher. Er wohnt in Kiel, deshalb das Meer und die Förde.
Ein Hilton gibt es in Kiel übrigens auch. Pardon, ein Hampton by Hilton.
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