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Veröffentlicht am 12.11.2025 17:19

Melatonin: Eher schädlich als hilfreich?

Schlafsprays versprechen schnelleres Einschlafen. Doch nicht immer sind sie so wirksam, wie erhofft. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Schlafsprays versprechen schnelleres Einschlafen. Doch nicht immer sind sie so wirksam, wie erhofft. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Schlafsprays versprechen schnelleres Einschlafen. Doch nicht immer sind sie so wirksam, wie erhofft. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Schlafmittel mit Melatonin boomen, sie werden in Apotheken und Drogerien angeboten und versprechen Hilfe beim Ein- und Durchschlafen. Doch aktuelle Daten deuten auf einen Zusammenhang zwischen längerfristigem Konsum und einem Herzinsuffizienzrisiko hin, so eine Auswertung, die auf einem Kongress der American Heart Association in New Orleans vorgestellt wurde und aktuell für Diskussionen sorgt. Zwar gebe es keinen kausalen Zusammenhang, aber Anlass zu Besorgnis und weiteren Untersuchungen, so eine der Studien-Autorinnen in einer Mitteilung der American Heart Association. 

Dass womöglich der Nutzen sehr gering ist, dafür aber womöglich riskant - das war auch ein Ergebnis eines „Öko-Tests“ mit 19 frei verkäuflichen Melatonin-Sprays (Ausgabe 10/2026). 16 der getesteten Präparate wurden mit „Mangelhaft“ oder „Ungenügend“ bewertet. Lediglich drei Sprays erhielten die Note „Ausreichend“.

Das Hormon Melatonin wird vom Körper zur Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus gebildet. Als Arzneimittel ist es in bestimmten Fällen zugelassen – etwa für Menschen über 55 mit Ein- und Durchschlafstörungen oder für Kinder mit speziellen Erkrankungen, denen es zeitlich begrenzt ärztlich verordnet werden kann. Anders sieht es bei Nahrungsergänzungsmitteln aus: Diese dürfen bei einer Tagesdosis bis zu 1 Milligramm beworben werden, ohne als Medikament zu gelten.

Gutachten: Nutzen für gesunde Anwender ist gering

Doch der Nutzen für gesunde Anwender ist laut einem von „Öko-Test“ in Auftrag gegebenen, wissenschaftlichen Gutachten gering: Die Einschlafzeit verkürzt sich demzufolge im Schnitt um nur sieben Minuten.

Gleichzeitig warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor möglichen Melatonin-Nebenwirkungen wie Benommenheit, verminderter Aufmerksamkeit oder Gangunsicherheit – auch bei kurzzeitiger Einnahme und Dosierungen unter 1 Milligramm. Langzeitrisiken, etwa für Kinder oder Menschen mit Diabetesrisiko, gelten als unzureichend erforscht.

Kritisch: Von der Deklaration abweichender Wirkstoffgehalt

Besonders kritisch: In über der Hälfte der getesteten Sprays wichen die gemessenen Melatoningehalte deutlich von den Deklarationen ab. Einige Produkte überschreiten damit nach Einstufung einiger Kontrollbehörden die Grenze zum Arzneimittel.

Hinzu kommt, dass viele Anbieter wichtige Warnhinweise – etwa für Risikogruppen wie Kinder, Schwangere oder Menschen mit Autoimmunerkrankungen – nicht oder nur unvollständig aufführen. Beides bemängeln die Öko-Tester und zogen dafür jeweils Punkte ab.

Warnung: Einnahme kann innere Uhr aus dem Takt bringen

Wichtig: Nicht nur die Öko-Tester finden Melatoninpräparate für Kinder besonders problematisch. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor leichtfertigem Umgang durch Eltern und Kinder; die Einnahme könne unter anderem die sonst recht stabile innere Uhr durcheinanderbringen und Einfluss auf andere körpereigene Hormone haben.

 

Für den „Öko-Test“ waren 19 Melatonin-Sprays, die zu Preisen von 0,05 bis 0,36 Euro pro Tagesdosis in Drogerien, Apotheken und Supermärkten gekauft worden. Die Tester vergaben dreimal die Note „Ausreichend“, zwölfmal ein „Mangelhaft“ und viermal ein „Ungenügend“. Die Sprays sind also insgesamt keine Empfehlung.

Besser: Die eigene Schlafhygiene prüfen und optimieren

„Erste Maßnahme bei Schlafproblemen sollte unserer Ansicht nach nie der Griff zu einem Melatonin-Spray sein“, schreiben die Öko-Tester. „Besser: Die eigene Schlafhygiene überprüfen.“ Etwa durch regelmäßige Schlafzeiten, dunkle Schlafzimmer und Verzicht auf Bildschirme vor dem Zubettgehen. Melatonin-Sprays sollten außerdem nur nach ärztlicher Rücksprache und höchstens kurzfristig eingesetzt werden.

© dpa-infocom, dpa:250925-930-81785/2


Von dpa
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