Einen Tag nach dem Unfalltod von Gino Mäder hat der Belgier Remco Evenepoel die siebte Etappe der Tour de Suisse gewonnen. Auf dem letzten Kilometer küsste der Weltmeister seine Faust, um danach den Zeigefinger Richtung Himmel zu strecken.
Auch mit seiner Siegergeste gedachte er Mäder und fasste sich mit der Hand auf die linke Brust. Platz zwei auf der 183,5 Kilometer langen Etappe ging an seinen Landsmann Wout van Aert vor dem Franzosen Bryan Coquard.
„Dieser Sieg geht natürlich an Gino und seine Familie. Das war die beste Art und Weise ihn zu ehren und seiner Familie Respekt zu zollen. Für mich war es ganz egal, dass ich keine Zeit gewinnen kann. Das war alleine für Gino“, sagte Evenepoel.
Nur noch 113 Fahrer machten sich am Samstagmittag nach einer Schweigeminute auf das vorletzte Teilstück zwischen Tübach und Weinfelden. Der Schweizer Radrennstall Tudor Pro Cycling, das belgische Radsportteam Intermarché-Circus-Wanty und Mäders Team Bahrain-Victorious hatten ihre Teilnahme an der Tour zuvor abgebrochen. Zudem verzichteten 17 Fahrer aus weiteren Mannschaften.
„Es ist komisch wieder mit einer Nummer auf dem Rücken zurück zu sein, aber es wird niemals den richtigen Moment geben, mit dem normalen Leben weiterzumachen“, sagte van Aert vor der Etappe. „Es liegt an jedem selbst die Entscheidung zu treffen und den eigenen Gefühlen zu folgen. Es gibt heute keine falschen Entscheidungen.“
Am Start erfolgte kein Startschuss. Stattdessen wurden weiße Taube fliegen gelassen. Die Fahrer trugen einen Trauerflor und absolvierten den Großteil der siebten Etappe geschlossen ohne Attacken. Um die Sicherheit der Fahrer zu erhöhen, nahmen die Organisatoren kurzfristig Änderungen vor. Zwar blieben Etappenlänge und -profil mit vier Bergwertungen unangetastet, doch die Zeit für die Gesamtwertung wurde bereits 25 Kilometer vor dem Ziel genommen. Zudem gab es keine Bonussekunden bei den Zwischensprints und im Ziel. Die Zeitmesslinie passierte das Feld gemeinsam.
Vor der letzten Bergwertung wurde das Tempo dann aber angezogen. Der belgische Weltmeister Evenepoel setze 18 Kilometer vor dem Ziel einen Angriff und konnte seinen Abstand bis zur Ziellinie verteidigen. Der Tagessieger hatte nach dem schweren Unfall von Mäder wegen der Streckenführung Kritik an den Organisatoren geübt. Es sei keine schlaue Idee gewesen, das Ziel einer solchen Etappe nach einer Abfahrt zu platzieren, sagte der 23-Jährige nach dem Unfall.
Am Donnerstag war der 26 Jahre alte Mäder auf der Abfahrt vom Albula-Pass zum Zielort La Punt auf den letzten Kilometern der fünften Etappe mit hohem Tempo in eine Schlucht gestürzt und musste reanimiert werden. Einen Tag später starb der schwer verletzte Schweizer im Krankenhaus.
Die eigentlich geplante sechste Etappe wurde abgesagt, stattdessen erinnerten die Profis am Freitag bei einer Gedenkfahrt über 20 Kilometer an ihren Kollegen. Die Rundfahrt wurde aber in Absprache mit Mäders Familie sowie den Teams und Fahrern fortgesetzt.
Auch anderorts wurde Mäder gedacht. Sein Landsmann Simon Pellaud nutzte eine kurze Attacke bei der Slowenien-Rundfahrt, um seine Abschiedsbotschaft in die Kamera zeigen zu können. Mit seinen Händen formte er ein Herz und zeigte in den Himmel.
Am Sonntag steht der finale Akt der Tour zwischen St. Gallen und Abtwil an. Beim Abschlusszeitfahren müssen die Fahrer 25,7 Kilometer und 415 Höhenmeter absolvieren. Der Däne Mattias Skjelmose geht mit einem Vorsprung von acht Sekunden auf den Österreicher Felix Gall in die abschließende Etappe. Auch der Spanier Juan Ayuso und Evenepoel haben mit einem Rückstand von 18 respektive 46 Sekunden noch Chancen auf den Gesamtsieg.
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