Nach dem Brückeneinsturz in der US-Stadt Baltimore dauert die Suche nach den Vermissten noch an. Taucher setzten ihren Einsatz am Unglücksort fort, wie Baltimores Bürgermeister Brandon Scott gegenüber dem Sender CNN bestätigte. Die Behörden gingen jedoch davon aus, dass keine Vermissten mehr am Leben sind.
Am Dienstagabend hatte die US-Küstenwache bekannt gegeben, dass die Suche nach Überlebenden angesichts der niedrigen Wassertemperatur und der Dunkelheit eingestellt werde. Die Strömung und Trümmerteile im Wasser seien gefährlich für die Rettungskräfte. Es werde nur noch nach den Leichen der sechs Vermissten gesucht.
Nach Angaben des Verkehrsministers des Bundesstaats Maryland, Paul Wiedefeld, hatten sich zum Zeitpunkt des Unglücks acht Bauarbeiter auf der mehr als 2,5 Kilometer langen Brücke befunden, um Schlaglöcher auszubessern. Zwei Menschen wurden am Dienstag gerettet, von sechs weiteren fehlte weiter jede Spur. Unter ihnen sind offiziellen Angaben zufolge Menschen lateinamerikanischer Herkunft.
Zwei Guatemalteken im Alter von 26 und 35 Jahren würden seit dem Unfall vermisst, teilte das Außenministerium des mittelamerikanischen Landes mit. Die Einwanderer-Organisation Casa sagte, eines ihrer Mitglieder werde ebenfalls vermisst. Es handle sich um einen dreifachen Familienvater aus El Salvador, der am Montagabend zur Arbeit gegangen und nicht nach Hause zurückgekehrt sei.
Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador sagte auf seiner üblichen Pressekonferenz, zwei Mexikaner würden vermisst. Ein weiterer sei nach dem Unglück verletzt geborgen worden und außer Lebensgefahr.
Zuvor hatte der Sender CNN unter Berufung auf den mexikanischen Konsul in Washington, Rafael Laveaga, berichtet, dass auch mexikanische Staatsbürger vermisst würden. „Wir wissen, dass unsere Leute betroffen sind“, sagte Laveaga zu Journalisten. „Sie sind auch diejenigen, die die Brücke wieder aufbauen werden - die Latinos.“
Unterdessen liefen die Ermittlungen zur Unfallursache an. Ein Team der Behörde für Transportsicherheit NTSB betrat dafür am späten Dienstagabend erstmals das Schiff, das die Brücke gerammt hatte. Die Vorsitzende der Behörde, Jennifer Homendy, teilte am Mittwoch mit, man habe den sogenannten Schiffsdatenschreiber gesichert. Dieser gilt für die Ursachenforschung als besonders wichtig.
Ingenieur und Statiker Matthew Roblez sagte dem Sender CNN, er schätze, dass allein die Bergung der Teile Monate dauern werde, der Wiederaufbau etwa zwei Jahre. Die Kosten dafür lägen bei etwa 500 Millionen Dollar (gut 460 Millionen Euro). US-Präsident Joe Biden hatte angekündigt, den Wiederaufbau mit Geld vom Bund zu finanzieren.
Die Stadt Baltimore hat rund 570.000 Einwohner. Beim Hafen der Ostküstenmetropole handelt es sich nach Angaben der US-Regierung um eine der wichtigsten maritimen Anlaufstellen der USA - insbesondere für den Import und Export von Autos und Kleinlastern. Rund 850.000 Fahrzeuge werden demnach pro Jahr darüber verschifft. Rund 15.000 Arbeitsplätze hängen davon ab.
Verkehrsminister Pete Buttigieg teilte mit, man stelle sich auf Lieferkettenprobleme ein. Diese beträfen nicht nur die Region um Baltimore, „sondern die gesamte US-Wirtschaft“. Die zuständige Behörde setzte den Schiffsverkehr in den Hafen bis auf weiteres aus, größere Frachter wurden in einen Hafen des benachbarten Bundesstaats Virginia umgeleitet.
In der Nacht zum Dienstag hatte ein riesiges Containerschiff einen Stützpfeiler der Francis Scott Key Bridge gerammt. Zwar hatte die Schiffsbesatzung vor dem Zusammenprall noch einen Notruf abgesetzt, was womöglich Leben rettete - denn Beamte an Land stoppten den Verkehr und verhinderten so, dass weitere Autos auf die Brücke gelangten. Trotzdem brachen große Teile der Brücke in sich zusammen.
Hinweise auf eine vorsätzliche Tat oder gar einen Terroranschlag gab es Behörden zufolge nicht. Präsident Biden sprach von einem „schrecklichen Unfall“. Ersten Erkenntnissen zufolge könnte ein Problem mit der Stromversorgung die Ursache gewesen sein. Nach Angaben aus Singapur kam es wohl zu einem „vorübergehenden Antriebsverlust“, weshalb das Schiff seinen Kurs nicht halten konnte.
© dpa-infocom, dpa:240327-99-481649/10