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Veröffentlicht am 30.12.2023 08:42

Buschmann hält nichts von generellem Sexkauf-Verbot

„Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jedwede Ausübung von Zwang gegen die Frau sozusagen unterbunden werden muss, auch mit Mitteln des Strafrechts“: Justizminister Marco Buschmann. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
„Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jedwede Ausübung von Zwang gegen die Frau sozusagen unterbunden werden muss, auch mit Mitteln des Strafrechts“: Justizminister Marco Buschmann. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
„Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jedwede Ausübung von Zwang gegen die Frau sozusagen unterbunden werden muss, auch mit Mitteln des Strafrechts“: Justizminister Marco Buschmann. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Bundesjustizminister Marco Buschmann hält nichts von einem Sexkauf-Verbot, wie es Schweden, Frankreich und einige weitere europäische Staaten eingeführt haben.

Auf die Frage, ob er eine Bestrafung von Freiern befürworte, antwortete der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur: „Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jedwede Ausübung von Zwang gegen die Frau sozusagen unterbunden werden muss, auch mit Mitteln des Strafrechts“. Dafür gebe es in Deutschland Instrumente, die auch angewandt werden müssten. Hier sollte der Schwerpunkt liegen.

Teil einer geplanten Reform des Strafgesetzbuches ist die Streichung einer Vorschrift, die Prostitution in Sperrbezirken. Der entsprechende Paragraf besteht nur aus einem langen Satz: „Wer einem durch Rechtsverordnung erlassenen Verbot, der Prostitution an bestimmten Orten überhaupt oder zu bestimmten Tageszeiten nachzugehen, beharrlich zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.“

Sperrbezirk-Verstoß womöglich keine Straftat mehr

Der Verstoß gegen Sperrbezirksverordnungen könnte, wenn Buschmanns Vorhaben so umgesetzt werden sollte wie bisher geplant, zwar weiterhin als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Er wäre dann aber keine Straftat mehr.

„Klar ist, weiterhin können solche Sperrbezirksverfügungen erlassen werden“, sagte Buschmann. Er erklärte: „Wenn wir uns vorstellen, dass es in Kommunen ja auch Gebiete gibt, die, wenn Sie so wollen, die gute Stube bilden oder dass es Bereiche gibt wie Schulen oder Kindergärten, dass dann im Notfall da zu dieser Verfügung gegriffen werden kann, ist, glaube ich, im Instrumentenkasten sinnvoll.“ Und wenn es in einer Kommune einen Sperrbezirk gebe, sei es sinnvoll, das dann auch durchzusetzen.

Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig und gilt als normales Gewerbe. Die damalige rot-grüne Koalition wollte mit dem Prostitutionsgesetz die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern. Passiert ist jedoch aus Sicht vieler Experten eher das Gegenteil. Statt die Opfer zu schützen, wurde die Stellung der Bordellbetreiber, der Sexindustrie und der Freier gestärkt. 2017 kam dann das Prostituiertenschutzgesetz. Es macht vor allem gewerberechtliche Vorgaben: Bordelle benötigen seitdem eine Betriebserlaubnis, Prostituierte sind verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden und zur Gesundheitsberatung zu gehen.

Entwurf der Reform soll 2024 kommen

Buschmann hat für die geplante Reform des Strafgesetzbuches, die unter anderem auch das Schwarzfahren entkriminalisieren soll, Ende November Eckpunkte vorgelegt. Ein konkreter Entwurf ist seinen Worten zufolge wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Jahres 2024 zu erwarten.

„Wir hatten ja viele Jahre in der Strafrechtspolitik nur eine Richtung: Schneller, höher, weiter“, sagt der FDP-Politiker. Man habe sich dabei nie die Frage gestellt, welche alten Gesetze überhaupt noch nötig seien. Bei der Reform gehe es nun darum, dass „wir viele alte, überholte Regelungen aus dem Strafgesetzbuch entweder streichen oder überarbeiten werden“.

Im September hat das Europaparlament einen Beschluss gefasst, in dem das sogenannte Nordische Modell, bei dem Freier Strafe befürchten müssen, Prostituierte aber nicht, positiv bewertet wird. Kritisiert wird in dem Beschluss die unterschiedliche Gesetzgebung in diesen Fragen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, weil dies Menschenhandel begünstige. In Deutschland hat sich unter anderem die Unionsfraktion hinter diesen Vorschlag gestellt.

„Durch die Streichung wird der mit der Vorschrift bezweckte Schutz der Jugend und der Allgemeinheit vor Belästigungen verringert, zugleich werden die betroffenen Frauen mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht weiter sanktioniert“, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz. Besser wäre ein konsequentes Sexkauf-Verbot, glaubt die CSU-Politikerin. „Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt, die Frauen werden unter widrigsten Bedingungen ausgebeutet.“ Menschenhandel und Zwangsprostitution hätten neue Dimensionen erreicht. Die Organisierte Kriminalität beherrsche die Szene. Das dürfe der deutsche Staat nicht dulden.

© dpa-infocom, dpa:231230-99-444171/3


Von dpa
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