Caspar David Friedrich: Unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern | FLZ.de | Stage

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 27.05.2024 00:35

Caspar David Friedrich: Unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern

Die Altstadt von Greifswald ist schachbrettartig angelegt und nahezu komplett umgeben von einem Grüngürtel, den Wallanlagen. (Foto: Stefan Sauer/dpa)
Die Altstadt von Greifswald ist schachbrettartig angelegt und nahezu komplett umgeben von einem Grüngürtel, den Wallanlagen. (Foto: Stefan Sauer/dpa)
Die Altstadt von Greifswald ist schachbrettartig angelegt und nahezu komplett umgeben von einem Grüngürtel, den Wallanlagen. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Der Hochuferweg ist ein beliebter Wanderweg an der Kreideküste Rügens. Hier irgendwo hat er also gestanden und eines seiner bekanntesten Werke, „Kreidefelsen auf Rügen“, oder doch wenigstens Skizzen dafür erstellt: Caspar David Friedrich, der wohl bedeutendste Maler der deutschen Romantik.

Es muss nahe der Victoria-Sicht gewesen sein, einem der Aussichtspunkte, sagt Gesine Häfner, Pressesprecherin im Nationalpark-Zentrum Königsstuhl. Nur: Man kommt nicht mehr hin zu diesem Ort. Er liegt abseits des Weges, das wäre an der Steilküste viel zu gefährlich.

Ohnehin ist das berühmte Gemälde keine naturgetreue Wiedergabe, sondern „eine Komposition verschiedener Skizzen“ – nachzulesen in der aktuellen Sonderausstellung im Nationalpark-Zentrum.

Heute freuen sich die Touristiker auf Rügen über die Spätfolgen dieses Kunstwerks. „Friedrich hat die Kreidefelsen auch in höheren Kreisen berühmt gemacht“, sagt Häfner. Seit gut einem Jahr können Besucher des Königsstuhls, was Friedrich nie konnte: von einem Skywalk 122 Meter in die Tiefe blicken und dabei ganz neue Ansichten gewinnen. Auch können Besucher heute mit dem Zug von Rügen nach Greifswald in rund einer Stunde fahren. Der leidenschaftliche Wanderer Caspar David Friedrich benötigte für diese Strecke noch Tage. 

Geburtsort Lange Straße 57 

Wer in Greifswald den Bahnhof verlässt, sieht schon nach wenigen Metern ein großes Porträt des Mannes mit dem markanten Backenbart. An Friedrich kommt in diesen Tagen niemand vorbei. Die Universitäts- und Hansestadt feiert seinen 250. Geburtstag das ganze Jahr über und auf vielfältige Weise.

Bei einer „Caspar-David-Friedrich-Jubiläumsführung“, die noch bis Oktober an jedem Donnerstag angeboten wird, geht es unter anderem über den Marktplatz, zum Dom und zum Hafen – lauter Friedrichsche Motive. Für den flotten Abgleich haben Gästeführer wie Martin Felsch Reproduktionen seiner Werke dabei.

Erste Station ist allerdings stets die Lange Straße 57. Hier wurde Caspar David Friedrich am 5. September 1774 geboren, hier betrieb sein Vater eine Seifensiederei. Das Geburtshaus steht nicht mehr, weil 1901 – die Familie hatte inzwischen eine Drogerie eröffnet – beim Kochen von Bohnerwachs ein Feuer ausbrach.

Heute gewährt am Standort das Caspar-David-Friedrich-Zentrum Einblicke in das Leben und Werk des Malers. Gleich im Eingangsbereich: ein Porträt des Künstlers. „Kinder sagen, er guckt böse“, erzählt die Germanistin Sabine Lindqvist bei einer Führung. Sie selbst sagt lieber, „er guckt konzentriert“.

Die „Kreidefelsen“ erstmals in der Heimatstadt

Im Keller des Hauses werden heute wieder Kerzen und Seifen hergestellt – ein museumspädagogisches Angebot. Nur Originalwerke von Caspar David Friedrich sieht man hier nicht. Dafür lohnt der Weg ins Pommersche Landesmuseum, das dem berühmtesten Sohn der Stadt im Jubiläumsjahr gleich drei Sonderausstellungen widmet. Ab dem 18. August sind auch die „Kreidefelsen auf Rügen“ zu sehen – zum ersten Mal überhaupt in seiner Heimatstadt.

Wer auf den Spuren Friedrichs durch Greifswald läuft, könnte den Eindruck gewinnen, dass diese Stadt, die im 13. Jahrhundert von den Mönchen des Klosters Eldena gegründet wurde und im Zweiten Weltkrieg unzerstört blieb, ein großes Open-Air-Museum ist. Die Altstadt ist fast schachbrettartig angelegt und nahezu komplett umgeben von einem Grüngürtel, den Wallanlagen. Alles wirkt im besten Sinne unspektakulär, unaufgeregt, entspannt.

Die Studierenden streben morgens der Uni entgegen, andere ihrem Arbeitsplatz oder dem Wochenmarkt. Und mittags holt man sich bei „Fisch 13“ den „Pflaumenaugust“, ein Matjesbrötchen mit Pflaumenmus, oder eine traditionellere Variante bei den Wiecker Fischern schräg gegenüber oder bei Fischerei Lange auf dem Wochenmarkt. In jedem Fall handelt es sich um einen Kaventsmann von Fischbrötchen, bei dem man aufpassen muss, dass man sich nicht allzu sehr bekleckert.

„Wir sind die Stadt für den dritten Blick“, sagt Marketingchef Maik Wittenbecher, der sich freut, dass Greifswald dank des Jubiläums nun um ein paar Attraktionen reicher ist. Dabei denkt er vor allem an die neuen Ostfenster im Dom. Der isländisch-dänische Künstler Ólafur Elíasson hat sie, inspiriert von einem Werk Friedrichs, gestaltet. Und zwar aus 3383 mundgeblasenen Scheiben in 65 Farbtönen, unten das warme Rot, oben das kühle Blau. 

Die Leute sprechen vom „Friedrichschen Himmel“

Ohne das Jubiläum hätte es auch die „Panoramabank“ vor den Toren der Stadt nicht gegeben, sagt die Kunsthistorikerin und Friedrich-Expertin Susanne Papenfuß. Die neue Sitzgelegenheit bietet den besten Blick auf die Silhouette von Greifswald mit den drei Backsteinkirchen.

Friedrich hat genau diesen Blick in seinem Ölgemälde „Wiesen bei Greifswald“ festgehalten. Sicher, die Windmühlen am linken Bildrand sind weg, auch springen gerade keine Pferde durchs Bild. Und im Vordergrund sind neue Bauten entstanden, nicht so hohe, zum Glück. Aber sonst – alles fast wie zu Friedrichs Zeiten. Es ist eine der Stationen auf dem „Caspar-David-Friedrich-Bildweg“.

Er führt von der Geburtsstätte des Künstlers über den Museumshafen hinaus nach Wieck, zur Mündung des Ryck in den Greifswalder Bodden. Und natürlich zur Klosterruine Eldena, einem Lieblingsmotiv von Friedrich, das er in einem seiner Gemälde kurzerhand ins Riesengebirge verlegte, künstlerische Freiheit eben.

Es gab schon Leute, die hier vergeblich die Berge gesucht haben, erzählt Papenfuß. Stattdessen: ein weiter Blick, Licht und Wolken. Oder, wie sie in Greifswald sagen, ein „Friedrichscher Himmel“. 

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: Zu den Kreidefelsen auf Rügen fährt man mit dem Zug bis Binz oder Sassnitz und dann weiter mit dem Bus. Greifswald ist mit der Bahn gut erreichbar, von Berlin aus auch direkt. Mit dem Auto benötigt man von Hamburg oder Berlin nach Greifswald gut zweieinhalb Stunden, nach Rügen rund dreieinhalb.

Nationalpark-Zentrum Königsstuhl mit Skywalk: Öffnungszeiten abhängig vom Monat, von Juni bis August täglich von 9 bis 19 Uhr. Eintritt für Erwachsene 12 Euro, für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren 6 Euro. Die Victoria-Sicht, ein naher Aussichtspunkt am Hochuferweg, ist jederzeit frei zugänglich.

Wandern: Der „Caspar-David-Friedrich-Bildweg“ ist ein 18 Kilometer langer Rundweg mit 15 Stationen zu Leben und Werk des Künstlers. Über 286 Kilometer führt die „Route der Norddeutschen Romantik“ von Wolgast über Greifswald und Stralsund bis Kap Arkona auf Rügen (https://dpaq.de/JZ8JUfA), buchbar auch als Radtour unter dem Titel „Auf den Spuren der Romantik“ bei www.mecklenburger-radtour.de.

Weitere Auskünfte: www.koenigsstuhl.comwww.greifswald.info; www.caspardavid250.de

Social Media: www.instagram.com/koenigsstuhl; www.instagram.com/hansestadt.greifswald; www.instagram.com/caspardavid250

© dpa-infocom, dpa:240527-99-174166/2


Von dpa
north