Neu erfinden kann man das Rad nicht, am Auto hat es sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings stark weiterentwickelt: Vom rollenden Bauteil hin zur hochkomplexen Komponente und zum Design-Element. Das sind Trends:
Die meisten Räder sind silberfarben oder schwarz. Bunte Räder sind die Ausnahme - bald lässt sich die Farbe womöglich auf Wunsch ändern: So präsentierte BMW vor einigen Wochen eine sich farblich ändernde Karosserie an seiner Studie i Vision Dee. Auch die Räder sind mit einer speziellen Folie des Zulieferers E Ink beklebt.
Per elektrischem Impuls verändert sich die Farbe der Folie, bis zu 32 Farben sind möglich. „Damit ergeben sich unterschiedliche Farbkombinationen, das Auto und auch die Räder können je nach Wunsch des Fahrers oder Einsatzzweck in einer anderen Farbe oder Muster erscheinen“, sagt Stella Clarke als Projektleiterin E Ink bei BMW.
Dabei wird der elektrische Impuls nur einmal gegeben. Sobald der Strom ausgeschaltet ist, bleibt die Farbe stromsparend erhalten. Ein Serieneinsatz der Technologie ist derzeit zwar nicht geplant, aber möglich. Vor allem, wenn statt der Folie der E-Ink-Film auf Karosserie und Räder lackiert werden könnte. Das ginge in der Produktion schneller und günstiger als Kleben.
Galten in den 1980er-Jahren noch zuweilen Räder in 15 oder 16 Zoll als große Größen in den Radkästen, nutzen aktuelle Autos häufig schon zwischen 19 und 23 Zoll große Räder. Das hat nicht nur optische Gründe, sondern auch größere Bremsanlagen bei immer stärkeren Autos benötigen ihren Platz.
„Jahrzehntelang galten Autoräder als funktionales Element. Sie sollten vor allem robust sein”, sagt Paolo Tumminelli, Design-Professor an der TH Köln. Dass Räder als Designelement wahrgenommen werden, habe sich in den vergangenen 20 Jahren mit dem Trend zur Individualisierung weiter entwickelt.
Tumminelli sieht einen Trend auch darin, dass Hersteller Räder passend für ein bestimmtes Modell designen. „Es gibt nur noch wenige einheitliche Räder für alle Fahrzeuge, da die Räder zum jeweiligen Design des Fahrzeugs passen müssen“, sagt Tumminelli.
„Das Rad muss das Fahrzeug optisch tragen und zu einer Gesamtharmonie beitragen. Daher muss die Gestaltung des Rads das Fahrzeug unterstützen“, sagt Andreas Krause, Creative Director Exterior Design Felgen bei BMW. Jedes Rad-Design wird speziell für ein Modell entwickelt - einmal aus gestalterischer, aber auch aus technischer Sicht. Etwa bei Traglast und dem Platz für Belüftung und Bremsen.
Andreas Krause sieht den größten Trend bei Rädern in der Optimierung der Aerodynamik. „Flächige Räder mit geringen Öffnungen produzieren weniger Windverwirbelungen als offene Räder. Damit sinkt der Verbrauch und bei E-Autos erhöht sich die Reichweite“, sagt er. So besitzt der neue 7er BMW stark geschlossene Räder.
Ganz geschlossene Räder seien derzeit nicht möglich, weil die Bremsen Kühlung benötigen. Zwar bremsen E-Autos dank Energierückgewinnung stark mit ihren E-Motoren, konventionelle Bremsen seien aber weiter nötig. „Was ich mir in Zukunft vorstellen kann, ist, dass die hinteren Räder geschlossen sind und die vorderen nur minimale Öffnungen bieten“, sagt Rad-Designer Andreas Krause.
Auch intelligente Lösungen, bei denen sich die Räder je nach Einsatz oder Geschwindigkeit selbst öffnen und schließen, seien denkbar.
Den verschlossenen Look wollen aber nicht alle Kunden. Bei sportlichen Fahrzeugen dominieren offene Räder mit Kreuzspeichen. Auch damit die teure und häufig buntlackierte Bremsanlage sichtbar wird, so Tumminelli. Bei Porsche etwa gibt es Anlagen mit je nach Leistung in verschiedenen Farben wie rot oder gelb lackierten Bremssätteln.
Große Räder bringen auch Nachteile mit sich. Denn sie sind schwer, verschlechtern den Komfort und erhöhen den Kraftstoffverbrauch.
Ungefederte Massen wie Räder, Reifen und Bremsen sollen möglichst gering sein. Das reduziert die Last am Rad bei unebenen Straßen und erhöht die Sicherheit sowie den Komfort und verbessert das Fahrverhalten.
Spezielle Einleger aus Kunststoff oder dünnem Aluminium im Rad verbessern die Aerodynamik und wiegen wenig. Zudem lassen sie sich optisch passend in die Räder integrieren.
„Das Leichtmetallrad soll in Zukunft wieder leichter werden, um das Gewicht der ungefederten Massen zu reduzieren, den Kraftstoffverbrauch zu senken und damit die Reichweite zu erhöhen“, sagt Prof. Tumminelli.
Albert Rosello sieht als Räder-Designer bei Audi ebenfalls einen Trend zu aerodynamischeren und leichteren Rädern, vor allem bei E-Autos. Um die möglichst besten und schönsten Räder zu kreieren, setzt Audi beim Designprozess erstmals auch auf Künstliche Intelligenz (KI).
Beim selbstlernenden Programm FelGAN treten zwei Algorithmen gegeneinander an, um immer bessere Design-Ideen zu kreieren. Nach vielen Durchläufen der Ideen präsentiert es neuartige Designs, die nahezu fotorealistisch aussehen.
„FelGAN gibt uns frische Inspirationen und Vorschläge für neue Designs. Wir Kreative entscheiden aber weiterhin, welche Designs wir weiterverfolgen und am Ende für welches Modell auswählen“, sagt Rosello. „Häufig arbeiten wir auch nur mit bestimmten Elementen der Kreation weiter.“
Mehr als 100 Vorschläge kann das Programm pro Sekunde machen, teils ganz neue Ideen, aber auch Veränderungen von bereits bekannten Designs der Marke.
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