Das angeschleppte Bier amüsierte das erfolgreiche Davis-Cup-Quartett. Teamchef Michael Kohlmann sprach gerade über die noch nicht nachrückende nächste Generation im deutschen Herren-Tennis. Von der Sitzreihe der Spieler war währenddessen ein erfreutes „Ja“ über das neue Getränkeangebot zu hören. Die Deckel ploppten, die Flaschen wurden herumgereicht.
Die Stimmung war bei Jan-Lennard Struff, Dominik Koepfer, Tim Pütz und Kevin Krawietz nach dem Erreichen der Gruppenphase des Nationen-Wettbewerbs gelöst. Statt wie 2023 die nächste „harte Enttäuschung“ (Kohlmann) mit einem Erstrunden-Aus einzustecken, wahrte das Team auch ohne Alexander Zverev die Chance auf den ersten Titel seit 1993. Man habe sich „große Ziele gesetzt für dieses Jahr“, sagte der erleichterte und erschöpfte Kohlmann in Tatabánya vor nur zwei deutschen Journalisten.
Zu sagen, die Gruppenphase vom 10. bis 15. September sei nur ein Zwischenziel, fand er vor der Auslosung ein „ein bisschen vermessen“. Das Endziel sei jedoch „Richtung Malaga zu kommen“, ergänzte der 50-Jährige mit Blick auf die Endrunde im November. „Ich weiß, dass die Vier, egal wann ich sie anrufe, immer kommen. Dann haben wir auf jeden Fall ein sehr, sehr starkes Team“, meinte Kohlmann.
Will die Mannschaft des Deutschen Tennis Bundes (DTB) am Saisonende sogar den ersten Davis-Cup-Titel seit 31 Jahren angreifen, dürfte sie auf ihren Ausnahmekönner Zverev angewiesen sein. Für die Partie in Ungarn eine Woche nach seinem verlorenen Australian-Open-Halbfinale hatte er nach DTB-Angaben wegen eines mitgebrachten Infekts abgesagt.
Bravourös und ohne großes Zittern kompensierte die verschworene Truppe dessen Fehlen. Das 3:2 gegen den Gastgeber war ein Teamerfolg, zu dem alle vier eingesetzten Spieler einen Punkt beisteuerten.
Dominik Koepfer (29 Jahre) überzeugte gegen die ungarische Nummer eins Fabian Marozsan. Das Doppel Krawietz (32)/Pütz (36) bestätigte seinen famosen Ruf als verlässlicher Punktelieferant. Struff (33) machte mit einem Pflichtsieg gegen Außenseiter Mate Valkusz seine Niederlage vom ersten Einzel wett und holte den entscheidenden dritten Punkt. „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir da hingehören“, sagte Kohlmann über den Sprung in die Gruppenphase. Er glaube, „dass wir noch einiges vor uns haben“.
Struff (Weltranglisten-24.) als deutsche Nummer zwei hinter Zverev zählt in Topform zur erweiterten Weltspitze. Insgesamt sechs Deutsche gehören momentan zu den Top 100. Um eine Runde in Ungarn oder wie im vergangenen September die Abstiegsrelegation in Bosnien-Herzegowina zu überstehen, hat Kohlmann Alternativen: Daniel Altmaier (25), Yannick Hanfmann (32) oder der für Zverev nachnominierte Maximilian Marterer (28).
„Ranglisten mäßig stehen wir ganz gut da. Das nächste Ziel, und das hat jetzt gar nichts mit dem Davis Cup zu tun, muss es sein, dass die jüngere Generation nachrutscht“, sagte Kohlmann mit Blick auf den Nachwuchs im deutschen Herren-Tennis.
Zverev (26) ist im deutschen Herren-Tennis einer der Jüngsten. Ob der Topstar angesichts der voll gepackten Olympia-Saison für die Zwischenrunde zur Verfügung stehen wird? „Da habe ich noch nicht mit ihm drüber gesprochen. Wir haben jetzt ein bisschen Zeit bis September“, antwortete Teamkapitän Kohlmann.
Auf den Heimvorteil wird die Auswahl in der Gruppenphase verzichten müssen. DTB-Präsident Dietloff von Arnim kündigte an, dass sich der Verband nicht wie 2022 für die Austragung einer Gruppe bewerben wolle. Man habe angesichts der Kurzfristigkeit keine freie Halle gefunden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wo immer man uns hinschickt, werden wir versuchen, möglichst erfolgreich zu spielen“, sagte Pütz.
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