Anita Kupsch hielt sich nicht gerne mit Umständlichkeiten auf. Direkt, schlagfertig und resolut konnte die Schauspielerin sein, ebenso wie eine ihrer bekanntesten Rollen: die der Sprechstundenhilfe Gabi Köhler in der ARD-Vorabendserie „Praxis Bülowbogen“ (1987–1996). Nun ist die beliebte Theater- und TV-Schauspielerin gestorben. Sie sei mit 85 Jahren friedlich eingeschlafen, wie ihr Ehemann Klaus-Detlef Krahn der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung über ihren Tod berichtet.
Krahn und Kupsch - das war offensichtlich die große Liebe. Seit 1986 waren sie verheiratet, fast 40 Jahre. Als der 79-Jährige vom Tod seiner Frau berichtet, ringt er kurz um Fassung. Doch er ist auch irgendwie erleichtert, denn gesundheitlich ging es ihr schon länger nicht mehr gut. Zuletzt lebte Anita Kupsch in einer Pflegeeinrichtung in Berlin. „Ich bin zufrieden, sie ist endlich erlöst“, sagt Krahn. „Sie lag nur noch im Bett, hat mich nicht mehr verstanden und konnte sich nicht mehr äußern.“
Mit Kupsch stirbt ein Stück Fernsehgeschichte. „Praxis Bülowbogen“ - noch im geteilten Berlin gestartet - hatte in den 1980er und 1990er Jahre viele Fans. Die Schauspielerin war populär, gerade weil sie sich in der Rolle der Gabi Köhler nichts sagen ließ. Nicht mal von ihrem Chef Dr. Peter Brockmann (Günter Pfitzmann), mit dem sie sogar mal eine Affäre hatte. Auf die Frage, wie viel Arzthelferin Gabi Köhler in ihr steckt, sagte Kupsch mal der dpa: „Eigentlich gar keine. Außer dass sie eine Klappe hat. Und die Klappe habe ich auch.“
Die Arbeit mit ihrem Kollegen Pfitzmann genoss Kupsch sehr. „Günter und ich, wir waren ein Ei und ein Klacks“, verriet sie mal. „Wir haben beide die gleiche Schnauze. Er war auch so ein ehrlicher Mensch. Er hat nie Süßholz geraspelt oder gesagt: „Du musst das so machen.”“
Zeitungen nannten sie gerne eine „kesse Berliner Göre“. Sie sei eben ehrlich, antwortete Kupsch dann gerne. „Und manchmal sind die Leute geschockt, das kann ich auch nicht ändern.“ Sogar von der Theaterbühne runter nahm sie kein Blatt vor den Mund. Einmal habe sich einer der Zuschauer beschwert und gerufen: „Lauter!“. Kupsch fackelte nicht lange und flocht kurzerhand eine neue Zeile in ihren Text ein. „Na, es gibt ja jetzt schon ganz billige Hörgeräte“.
Kupsch war eine kleine Frau, zierlich und witzig. Auf Fotos von früher sieht man sie mit langen blonden Haaren, später dann mit Kurzhaarschnitt. Geboren wurde sie am 18. Mai 1940 in Berlin. Schon als Kind nahm sie Ballettunterricht und tanzte auch bei der berühmten Choreographin Tatjana Gsovsky. Als Beruf lernte sie Visagistin. Doch dann entdeckte sie ihre Liebe fürs Schauspiel. In den 1960ern begann ihre Karriere, am Theater, beim Film und beim Fernsehen. Im Jahr 1998 erhielt sie mit „Anitas Welt“ im ZDF ihre eigene Comedyshow.
In mehr als 50 Jahren Laufbahn übernahm sie allein vor der Kamera fast 100 Rollen, dazu kamen viele, viele Theaterauftritte, etwa auch mit Claus Biederstaedt in der Komödie am Kurfürstendamm.
Ihre Schlagfertigkeit war auch notwendig, hatten in der Film- und TV-Branche damals doch die Männer das Sagen. Lange vor der Me-Too-Debatte um sexuelle Belästigung konterte Kupsch als junge Frau bei einem Vorsprechen mal eine unverschämte Bitte: Sie solle aufstehen, sich umdrehen und den Rock hochnehmen. „Und da hab' ich nur gesagt: „Am Arsch habe ich kein Talent”.“
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