Ein Leben zwischen Adel und Afrika - „Sir Rolf“ ist tot | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 22.08.2025 16:54

Ein Leben zwischen Adel und Afrika - „Sir Rolf“ ist tot

Hanseatisches Understatement war typisch für Rolf Seelmann-Eggebert. (Foto: Christian Charisius/dpa)
Hanseatisches Understatement war typisch für Rolf Seelmann-Eggebert. (Foto: Christian Charisius/dpa)
Hanseatisches Understatement war typisch für Rolf Seelmann-Eggebert. (Foto: Christian Charisius/dpa)

 „Sir Rolf“ nannten ihn viele, „Königsfritze“ er sich selbst: Rolf Seelmann-Eggebert war über Jahrzehnte der Adelsexperte schlechthin im deutschen Fernsehen - und hanseatisches Understatement typisch für den am Freitag im Alter von 88 Jahren gestorbenen Wahl-Hamburger. Seelmann-Eggebert starb in Hamburg, wie der Norddeutsche Rundfunk unter Berufung auf die Familie mitteilte.

Königlicher Glanz in der ARD ohne ihn undenkbar

Seelmann-Eggebert saß jahrzehntelang unangefochten auf dem Thron der deutschen Königshausexperten und für so manchen Zuschauer wurde eine Royal-Hochzeit erst mit seinem Kommentar wirklich amtlich. 

Seine Popularität erklärte er ganz simpel: „Same place, same face“. Und schien diese entzaubern zu wollen mit Sätzen wie: „Wenn du 30 Jahre Königshäuser machst, dann ist das so ähnlich wie wenn du den alten Mantel im Winter rausholst, weil es draußen kalt geworden ist, und du weißt, der hält dich sicher warm.“ 

Dabei war königlicher Glanz jahrzehntelang in der ARD ohne Seelmann-Eggebert undenkbar. Ob Charles und Diana 1981 oder William und Kate 30 Jahre später - keiner heiratete ohne ihn. Auch nicht in anderen Königshäusern: Er kommentierte den langen Hochzeitskuss von Willem-Alexander und Máxima der Niederlande (2002) und brachte Schwedens Kronprinzessin Victoria (2010) mit unter die Haube.

Seelmann-Eggebert gehörte zu royalen Trauungen wie Krone und Kirche. „Für mich gilt eine Ehe gar nicht als ordentlich geschlossen, wenn Rolf Seelmann-Eggebert nicht mit dabei war“, sagte mal der frühere ARD-Programmdirektor Günter Struve. 

Königin Silvia über ihn: „Einer, der auch mit dem Herzen spricht“

Seelmann-Eggebert war ein Phänomen in der deutschen Fernsehlandschaft, seine sonore Stimme nicht nur Adelsfans bestens vertraut. „Er ist nicht nur ein sehr kultivierter Herr, sondern einer, der auch mit dem Herzen spricht“, sagte Schwedens Königin Silvia mal über ihn.

Soziales Engagement verband die beiden - und Seelmann-Eggebert blieb damit, unter anderem als Unicef-Botschafter, Afrika treu. Denn vor seinen Stippvisiten in den Königshäusern, denen er zahlreiche TV-Reihen widmete, sah sein Journalistenleben ganz anders aus. Von 1968 bis 1976 arbeitete er als ARD-Reporter in Afrika. „Vor allem die Diskrepanz zwischen dem unglaublichen Reichtum, Wohlstand und Zivilisation in einem Land wie Deutschland und den erbärmlichen, menschenunwürdigen Zuständen in Afrika, holt mich immer wieder ein“, sagte er mal.

Seine journalistische Laufbahn begonnen hatte der in Berlin geborene und in Hannover aufgewachsene Anwaltssohn schon in der Schulzeit, damals noch beim NDR- und WDR-Vorgänger NWDR. Der Norddeutsche Rundfunk blieb seine Heimat, für ihn berichtete er in den 60er Jahren etwa über die Hamburger Sturmflut und den ersten Staatsbesuch der Queen. Ins Reich ihrer Majestät ging Seelmann-Eggebert 1978 für knapp vier Jahre als TV-Korrespondent und Studioleiter in der britischen Hauptstadt - die Weichen für seine späteren Erfolge als Adels-Experte waren gestellt.

Seelmann-Eggebert war stets vornehm und wirkte adelig

In dem Magazin „Rund um Big Ben“ nahm er die Briten unterhaltsam unter die Lupe. Später machte ihn seine elfteilige Reihe „Königshäuser“ bei vielen Deutschen bekannt. Er, Träger des Ordens „Commander of the British Empire (CBE)“, relativierte seine Nähe zum Adel stets: „Wenn ich mit einem König auf dem Sofa sitze, dann glauben alle, ich sei nah dran. Aber das täuscht.“ Aber hatte seine distinguierte Art nicht schon selbst etwas Blaublütiges?

Der Klapperstorch müsse sich damals verflogen haben und habe nicht in Berlin, sondern in einer englischen Grafschaft landen wollen, sagte TV-Journalist Wolf von Lojewski in einer Dokumentation über seinen Kollegen. Auch Entertainer Joachim „Blacky“ Fuchsberger sprach über die „vornehme Erscheinung dieses Mannes“ und meinte: „Der müsste längst geadelt sein!“ Und die frühere Londoner ARD-Korrespondentin Hanni Hüsch befand: „Er sitzt in der Kutsche, als sei er da hineingeboren.“

Bei der privaten Queen biss er sich die Zähne aus 

Beim Mythos Queen stieß aber auch er an Grenzen. „Wir können ja tun, was wir wollen, wir werden diese Nuss nie knacken“, war der Blaublut-Kenner überzeugt. Auch wenn der Buckingham Palast seine Pforten inzwischen weit aufgestoßen habe, habe sich die Queen ein Stück Privatheit gesichert. „Die sind in der Beziehung so clever über all die Jahrhunderte geworden, dass man viele Dinge sicher nicht erfährt.“ 

Ein weniger glanzvolles Ereignis fiel in Seelmann-Eggeberts Zeit als NDR-Fernsehprogrammdirektor: Der Sender wiederholte zum Jahreswechsel 1986/1987 in der ARD die Neujahrsansprache des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl vom Vorjahr. Der NDR blieb sein Sender über all die Jahre - und Seelmann-Eggebert selbst im Ruhestand seinem Metier treu. Dem Fernsehen will er so lange erhalten bleiben, solange es auch ihn will, sagte er mal. 

Doch 2019 war Schluss und seitdem hatte er sich auch komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und wollte auch keine Interviews mehr geben. Mit seinem Sohn Florian hatte der Journalist eine eigene Produktionsfirma gegründet.

© dpa-infocom, dpa:250822-930-944585/1


Von dpa
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