Die ehemalige Leiterin der US-Gesundheitsbehörde CDC warnt vor einer Rückkehr vermeidbarer Krankheiten in den Vereinigten Staaten. Wenn Impfempfehlungen und -maßnahmen ohne belastbare Daten geändert würden, drohe ein Wiederaufflammen von Kinderlähmung, Masern, Diphtherie oder Keuchhusten, sagte Susan Monarez bei einer Anhörung im US-Kongress. Das Land habe gerade erst die größte Masernwelle seit mehr als 30 Jahren erlebt, bei der zwei Kinder gestorben seien.
Monarez war Ende Juli von Präsident Donald Trump zur CDC-Chefin berufen und kurz darauf vom Senat bestätigt worden. Ihre Amtszeit dauerte jedoch nur 29 Tage. Nach eigenen Angaben wurde sie von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. aus ihrer Rolle gedrängt, weil sie sich geweigert habe, wissenschaftliche Standards zu missachten. Der Minister habe verlangt, dass sie Impfempfehlungen vorab und ohne Prüfung genehmige und erfahrene Fachleute entlasse.
„Ich hätte das Amt und den Titel behalten können, aber ich hätte das Einzige verloren, was nicht ersetzt werden kann: meine Integrität“, sagte die Mikrobiologin und Immunologin. Mehrere hochrangige Führungskräfte traten im Zuge ihrer Entlassung ebenfalls zurück.
Die CDC (Centers for Disease Control and Prevention) ist in den USA unter anderem für den Schutz vor Infektionskrankheiten zuständig. Nach der Absetzung von Monarez stellte Kennedy seinen Vertrauten Jim O’Neill als Interimsleiter ein. Damit hat der Minister wenig Widerstand gegen seine Impfpolitik zu erwarten.
Kennedy gilt als ausgesprochener Impfskeptiker. Kritiker werfen ihm vor, wiederholt Zweifel an Impfungen gestreut und dabei Falschinformationen verbreitet zu haben. Erst Anfang August strich der Minister Mittel für die Entwicklung bestimmter mRNA-Impfstoffe.
Monarez verwies in der Anhörung auch auf einen Angriff auf die CDC-Zentrale in Atlanta. Anfang August hatte dort ein bewaffneter Mann Hunderte Schüsse abgegeben und einen Sicherheitsbeamten getötet. Der Täter sei von Impfgegnerschaft getrieben gewesen, sagte Monarez. Sie gab an, selbst bedroht worden zu sein, und äußerte die Sorge, dass die Verbreitung irreführender Informationen nicht nur die Gesundheit von Kindern, sondern auch die Bereitschaft Einzelner zu Gewalttaten weiter anheizen könne.
Die ebenfalls befragte frühere leitende CDC-Beamtin Debra Houry erklärte in der Anhörung, viele Experten würden aus Angst nicht mehr öffentlich über Impfungen sprechen oder ihre Namen von Fachartikeln streichen. Sie selbst habe nach zehn Jahren aus ethischen Bedenken gekündigt. Kennedy warf sie vor, wissenschaftliche Arbeit zu zensieren, Entscheidungsprozesse zu politisieren und Fachleute ihrer Unabhängigkeit zu berauben.
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