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Veröffentlicht am 30.10.2025 14:16, aktualisiert am 30.10.2025 15:56

EZB in Lauerstellung: Keine weitere Zinssenkung in Sicht

EZB-Präsidentin Lagarde hält sich in einer Welt voller Krisen alle Optionen offen. (Archivbild) (Foto: Boris Roessler/dpa)
EZB-Präsidentin Lagarde hält sich in einer Welt voller Krisen alle Optionen offen. (Archivbild) (Foto: Boris Roessler/dpa)
EZB-Präsidentin Lagarde hält sich in einer Welt voller Krisen alle Optionen offen. (Archivbild) (Foto: Boris Roessler/dpa)

Die Europäische Zentralbank bleibt angesichts weltweiter Krisen vorsichtig: Die Notenbank lässt den für Sparer und Banken relevanten Einlagenzins zum dritten Mal in Folge unverändert bei 2,0 Prozent. Das entschied der EZB-Rat, der ausnahmsweise in Florenz tagte und nicht am Sitz der Notenbank in Frankfurt.

Damit verharren die Euro-Währungshüter nach einer Serie von Zinssenkungen in Lauerstellung, während die US-Notenbank Fed am Mittwoch die Leitzinsen zum zweiten Mal in diesem Jahr senkte. Die EZB hatte schon im Juli und September die Leitzinsen im Euroraum unverändert gelassen und auf ein „außergewöhnlich unsicheres Umfeld“ hingewiesen. 

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte in Florenz: „Die Aussichten sind nach wie vor unsicher, insbesondere aufgrund der anhaltenden globalen Handelsstreitigkeiten und geopolitischen Spannungen.“ Volkswirte rechnen in diesem Umfeld nicht mit weiteren Zinssenkungen im laufenden Jahr.

Leichter Aufwärtstrend bei Sparzinsen

Vor ihrer Zinspause hatte die EZB die Leitzinsen achtmal binnen eines Jahres gesenkt. Noch im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, doppelt so hoch bei 4,0 Prozent. Seither sind auch die Sparzinsen deutlich gesunken. Die Leitzinsen der EZB haben weitreichende Auswirkungen an den Finanzmärkten und beeinflussen etwa die Höhe der Kreditzinsen für Unternehmen und die Zinsen für Sparer.

Zuletzt beobachtete das Vergleichsportal Verivox wieder leicht steigende Tages- und Festgeldzinsen. Allerdings mache die Inflation den Effekt zunichte, sodass Sparer unter dem Strich Geld verlören - insbesondere mit Tagesgeld, das zuletzt im Schnitt 1,28 Prozent Zinsen abwarf, während sich die Teuerung etwas über der Zwei-Prozent-Marke eingependelt hat.

Inflation im Griff

Wichtigste Aufgabe der EZB ist es, für einen stabilen Euro zu sorgen und so die Kaufkraft der Menschen zu erhalten. Das Ziel sieht die Zentralbank bei einer Inflationsrate von mittelfristig 2,0 Prozent gewährleistet. Die nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ausgeuferte Inflation im Euroraum ist eingedämmt. Für das laufende Jahr erwartet die EZB eine Teuerungsrate von 2,1 Prozent. Das wäre nur leicht über dem Ziel der Notenbank.

Stabile Zinsen erwartet

Zudem hält sich die Wirtschaft im Euroraum trotz höherer US-Zölle robuster als angenommen. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach Daten von Eurostat um 0,2 Prozent zu - getragen von einstigen Krisenländern wie Spanien und Portugal sowie Frankreich. Zuletzt hatte die EZB ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr leicht angehoben. 

Angesichts der vielen Unruheherde, darunter auch die Regierungskrise in Frankreich, spricht jedoch viel dafür, dass sich die Notenbank alle Optionen offen halten will. „Bei schwachem Wachstum und stabiler Inflation ist bei der EZB wohl auch mit einem ruhigen Jahresausklang zu rechnen“, meint Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust. „Die Zinsen dürften da bleiben, wo sie sind.“

Lagarde bekräftigte, die Notenbank sei weiterhin in einer „guten Position“. Bei einem Einlagenzins von 2,0 Prozent sehen die Euro-Währungshüter Spielraum, um zu reagieren, falls sich die Inflationsrisiken verschieben oder neue Schocks auftreten sollten.

Vorerst Ruhe im Zollstreit

Manche Volkswirte sehen die Inflationsrisiken im Euroraum nicht ganz gebannt. So stiegen die Verbraucherpreise im September auf 2,2 Prozent. Im Währungsraum hält sich zudem die Inflation ohne die stark schwankenden Lebensmittel- und Energiepreise hartnäckig, zuletzt lag diese sogenannte Kerninflation bei 2,3 Prozent. „Die EZB tut gut daran, ihre Leitzinsen nicht weiter zu senken“, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. 

Immerhin: Die Sorgen wegen des Zollstreits mit den USA haben sich abgeschwächt. Zwar bleibt US-Präsident Donald Trump unberechenbar, doch mit dem Handelsabkommen zwischen Washington und Brüssel blieb eine Eskalation aus.

© dpa-infocom, dpa:251030-930-229388/3


Von dpa
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