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Veröffentlicht am 17.03.2025 13:00

Frau in Tram angezündet - Diskussion über Femizide

In der fahrenden Straßenbahn soll der tatverdächtige Ehemann des Opfers die Frau mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und dann angezündet haben. (Foto: Bodo Schackow/dpa)
In der fahrenden Straßenbahn soll der tatverdächtige Ehemann des Opfers die Frau mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und dann angezündet haben. (Foto: Bodo Schackow/dpa)
In der fahrenden Straßenbahn soll der tatverdächtige Ehemann des Opfers die Frau mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und dann angezündet haben. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Es muss eine furchtbare Szene gewesen sein: Vor den Augen weiterer Fahrgäste soll nach bisherigen Polizeiermittlungen ein Mann seine Ehefrau in einer fahrenden Straßenbahn mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet haben.

Geistesgegenwärtig betätigten Mitfahrende laut Polizeisprecherin den Notfallknopf und stoppen so die Bahn am Sonntagmorgen auf ihrer Fahrt durch das ostthüringische Gera. Der Tramfahrer eilt der Frau zu Hilfe und löscht die Flammen auf ihrem Körper mit dem Feuerlöscher. 

Am Oberkörper, an den Armen und am Hals soll die 46-Jährige laut Polizei gebrannt haben. Mit einem Hubschrauber wurde die lebensgefährlich Verletzte in ein Krankenhaus gebracht. Aufnahmen des Tatorts zeigen eine verkohlte Stelle nahe zweier Sitze in der Tram. 

Psychologische Betreuung angeboten

„Das ist kein alltägliches Geschehen“, betont die Polizeisprecherin Katja Ridder am Tag nach der Tat. Das Opfer sei weiter im Krankenhaus, aber scheinbar außer Lebensgefahr. Glücklicherweise seien neben der Frau selbst keine weiteren Menschen körperlich verletzt worden. Aber: Den anderen Fahrgästen und dem Tramfahrer sei psychologische Betreuung angeboten worden. „Einige haben das Angebot wohl auch angenommen“, so Ridder. 

Tatverdächtiger Ehemann stellte sich selbst

Der tatverdächtige Ehemann war nach der Attacke flüchtig, die Polizei fahndete mit Foto nach ihm, konnte nicht ausschließen, dass von ihm weiter eine Gefahr ausging. Am Montagvormittag stellte sich der Gesuchte dann selbst bei der Polizei, die ihn vorläufig und ohne Widerstand festnahm. Wie es mit ihm nun weitergeht, hat noch die Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes. 

Ob sich der Georgier zur Tat geäußert hat, darüber gab die Polizei keine Auskunft. Auch was die genauen Hintergründe angeht, hält sich die Behörde mit Blick auf laufende Ermittlungen mit Angaben zurück. Sicher ist: In der Familie gibt es auch mehrere Kinder und der Mann war kein Unbekannter bei der Polizei.

Oberbürgermeister: „Niederträchtige Tat“ 

Schon am Sonntag zeigte sich der Oberbürgermeister der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt erschüttert ob der Attacke. Kurt Dannenberg machte sie auch als Symptom eines grundlegenden Problems aus. „Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter – die heutige Tat ist eine der niederträchtigsten“, sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. Das Opfer werde sein Leben lang gezeichnet sein. „Dieser Vorfall zeigt uns auf erschreckende Weise, dass solch brutale Taten jederzeit und überall geschehen können.“ Dabei rechtfertige nichts eine solche Tat. 

Innenminister: „Abscheulicher Mordversuch“ 

Auch Thüringens Innenminister Georg Maier schrieb auf der Plattform X von einem „abscheulichen Mordversuch“ und von einem „mutmaßlichen Femizid“. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. „Wir müssen mehr tun, Frauen zu schützen. Mein Dank gilt dem Tramfahrer, der beherzt eingegriffen u. hoffentlich der Frau das Leben gerettet hat“, so der SPD-Politiker weiter.

Lagebild „Gewalt gegen Frauen“

Im November vergangenen Jahres hatte das Bundeskriminalamt erstmals ein Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ vorgestellt. Demnach wurden im vorvergangenen Jahr (2023) 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten und vollendeten Femiziden - 360 Frauen und Mädchen starben dabei.

Dabei wurden Frauen auch in der Vergangenheit schon Opfer von gegen sie gerichteten Brandanschlägen: Erst im Dezember verurteilte etwa das Landgericht Arnsberg in Nordrhein-Westfalen einen 24-jährigen Syrer wegen Mordes zu lebenslanger Haft, weil dieser die Schwester seiner ehemaligen Verlobten mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt haben soll.

© dpa-infocom, dpa:250317-930-406112/1


Von dpa
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