Weihnachten verbrachte Alexander Zverev im australischen Sommer. Sonne statt Schnee, Palmen statt Tannenbäume, Training statt Besinnlichkeit. Der gnadenlose Terminplan will es so - und der deutsche Tennisstar möchte gleich zu Beginn der neuen Saison in Titelform sein. Zuerst beim am Freitag beginnenden United Cup in Perth und Sydney, ab Mitte Januar dann bei den Australian Open als erstes Highlight in 2025.
Und so reiste Zverev zwei Tage vor Heiligabend nach Australien an - auch wenn er die Feiertage gerne zu Hause verbracht hätte. „Wir haben keinen einzigen Feiertag frei mit der Familie. Keinen“, hatte Zverev schon bei den ATP-Finals im November geklagt. Tennis habe diesbezüglich ein unrühmliches Alleinstellungsmerkmal, kritisierte der Weltranglistenzweite: „Das ist die einzige Sportart der Welt. Selbst die Fußball-Bundesliga in Deutschland hat Ferien während Weihnachten und Neujahr.“
Vor seinem Abflug nach Down Under besuchte Zverev noch das Heimspiel des FC Bayern in der Fußball-Bundesliga gegen RB Leipzig. Der bekennende Bayern-Fan machte Selfies und jubelte über den 5:1-Kantersieg der Münchner. Doch jetzt gilt sein kompletter Fokus wieder dem gelben Filzball.
Sein bislang letztes Match bestritt Zverev am 16. November beim verlorenen Halbfinale der ATP-Finals gegen seinen neuen Angstgegner Taylor Fritz aus den USA. Danach ging es in den herbeigesehnten Urlaub auf die Malediven. Doch selbst dort gönnte er sich „nur zwei Tage“ trainingsfrei, wie Zverev verriet. Ein Sehnsuchtsziel treibt den Olympiasieger von 2021 weiter an.
„Ich habe keinen Grand Slam gewonnen“, sagte Zverev. Es sei „kein Geheimnis, dass das mein Hauptziel sein wird die nächsten sechs, sieben Jahre“. In der Vorsaison stand er im dramatischen French-Open-Finale gegen Carlos Alcaraz kurz vor der Erfüllung seines großen Traums - doch wieder reichte es nicht ganz. Selbst seine 69 Siege in 2024, der Aufstieg zur Nummer 2 der Welt und die Masters-Titel in Rom und Paris-Bercy stimmten Zverev nicht gänzlich zufrieden.
„Klar ist er getrieben“, sagte sein Bruder und Manager Mischa Zverev bei Sky: „Die Nummer zwei ist schon gut, aber er will die Nummer eins werden, er will einen Grand Slam gewinnen, es soll das beste Jahr aller Zeiten werden für ihn. Deswegen wird er alles dafür geben.“
Für den letzten Schritt auf den Tennis-Thron will Zverev auf einen offensiveren und aggressiveren Spielstil umstellen. Bei seiner jüngsten Niederlage gegen Fritz in Turin ging der Plan nicht auf. „Hoffentlich kann ich in Australien, wenn ich noch mal in dieser Situation bin, das aggressive Tennis auch in einem wichtigen Moment bestätigen ohne die Fehler“, sagte Zverev.
Kritiker warfen ihm bislang vor, dass er sich zu sehr auf seine Stärken Aufschlag und Rückhand verlasse und sich für neue Impulse wenig offen zeige. Zverev dementiert das. „Ich bin noch nicht zufrieden. Ich fühle, dass es da noch Dinge gibt, die ich erreichen möchte und Dinge, bei denen ich mich verbessern kann“, sagte er bei einem Video-Auftritt bei der ISPO in München Anfang Dezember. Er trainiere wieder „hart, um hoffentlich die beste Version meiner selbst im nächsten Jahr zu sein“.
Einen Fingerzeig über Zverevs Früh-Form gibt der United Cup. Die zweite Auflage des Teamwettbewerbs hatte Deutschland Anfang des Jahres mit Zverev, der inzwischen zurückgetretenen Angelique Kerber und Laura Siegemund gewonnen. In Perth warten auf den Titelverteidiger in der Vorrunde Brasilien (29. Dezember) und China (30. Dezember). Als Einzelspieler sind Zverev und Siegemund vorgesehen. Tim Pütz, der mit Kevin Krawietz im Doppel überraschend die ATP-Finals gewann, könnte anstelle von Zverev als Partner von Siegemund im Mixed-Doppel antreten.
Die Doppel-Matches werden diesmal noch mehr im Fokus stehen, da die Veranstalter eine Neuheit im Tennis ausprobieren. Erstmals gibt es die Möglichkeit von taktischen Auszeiten. Durch das Drücken eines roten Buzzers am Spielfeldrand wird das Match für 60 Sekunden unterbrochen, damit sich die Spieler und auch der Kapitän beratschlagen können. Jedes Doppel kann davon einmal pro Match vor dem ersten Aufschlag eines eigenen Spielers Gebrauch machen.
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