Mit seinem Film „Un Simple Accident“ hat der iranische Regisseur Jafar Panahi die Goldene Palme der Filmfestspiele von Cannes gewonnen. Das gab die Jury bekannt. Der heimlich gedrehte Film setzte sich gegen 21 andere Wettbewerbsfilme durch.
Die Berlinerin Mascha Schilinski erhielt für das Drama „In die Sonne schauen“ den Preis der Jury, den sie sich mit dem Filmemacher Oliver Laxe („Sirât“) teilt. Entschieden hat eine Jury unter dem Vorsitz der Schauspielerin Juliette Binoche.
Nachdem Panahi auf der Bühne seiner Familie und seinem Team gedankt hatte, wandte er sich „an alle Iraner, egal mit welcher Meinung, im Iran und auf der ganzen Welt“. Er sagte: „Das Wichtigste ist unser Land und die Freiheit unseres Landes. Lasst uns gemeinsam den Moment erreichen, in dem niemand mehr wagt, uns vorzuschreiben, was wir tragen, was wir tun oder lassen sollen.“
Die Preisverleihung der 78. Filmfestspiele fand wie geplant statt. In Cannes und Umgebung war tagsüber stundenlang der Strom ausgefallen.
Panahi hat mit früheren Filmen bereits die Hauptpreise des Filmfests Venedig und der Berlinale gewonnen. In „Un Simple Accident“ setzt er sich mit Erlebnissen im Gefängnis und der Gewalt des iranischen Regimes auseinander.
Der Film handelt von einer Gruppe ehemaliger Gefangener, die ungeplant den Agenten entführen, der sie mutmaßlich in einem iranischen Gefängnis gefoltert hat. Sie begeben sich auf einen chaotischen Roadtrip, auf dem die Gruppe in hitzige Diskussionen darüber gerät, was eine angemessene Form der Rache ist.
Öfter geht es um die zutiefst gewaltvollen Erfahrungen, die die Beteiligten in Gefangenschaft gemacht haben. Trotz des schweren Themas gibt es im Film aber auch humorvolle Momente.
Die Rede vor der Preisvergabe an Panahi übernahm Hollywood-Star Cate Blanchett. Sie sagte, dass Cannes dem Kino den Weg für eine breitere gesellschaftliche Diskussion ebne. „Hier werden diese Dialoge ermutigt, Wurzeln zu schlagen, wo sie sonst Gefahr laufen, von der selbstsüchtigen Welt nationaler und persönlicher politischer Ambitionen vereinnahmt zu werden.“
Schilinski nahm den Preis der Jury entgegen. Auf der Bühne sagte die 41-Jährige: „Wir möchten diesen Preis all jenen widmen, die an Orten leben, an denen es nicht leicht ist oder unmöglich oder kaum möglich ist, Filme zu machen - und besonders jungen Filmschaffenden und insbesondere Frauen: Eure Stimmen sind wichtig. Gebt sie nicht auf.“
Schilinski erzählt in „In die Sonne schauen“ von vier jungen Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten auf einem Bauernhof in der Altmark leben. Der Film nutzt eine nicht-lineare, mosaikartige Erzählweise. Es geht um häusliche Gewalt, verdrängte Sehnsüchte oder vererbte Traumata, die die vier Frauen erleben.
Der Große Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals, ging an „Sentimental Value“ von Joachim Trier. Der Norweger erzählt darin ein vielschichtiges Vater-Tochter-Drama.
Kleber Mendonça Filho wurde für „O Secreto Agente“ mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Einen Spezialpreis der Jury erhielt Bi Gan für „Resurrection“. Der Preis als beste Darstellerin ging an Nadia Melliti für ihre Rolle in „La Petite Dernière“.
Als bester Schauspieler wurde Wagner Moura für seine Rolle in „O Secreto Agente“ von Kleber Mendonça Filho ausgezeichnet. Für das beste Drehbuch wurden Jean-Pierre und Luc Dardenne mit „Jeunes Mères“ geehrt.
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