Im Streit über Gebühren bei Kartenzahlungen prüft das Landgericht Berlin Schadenersatzforderungen von Unternehmen. Insgesamt elf Klagen gegen die vier Spitzenverbände deutscher Banken, die das Girocard-System betreiben, liegen dem Gericht nach eigenen Angaben vor.
Den Auftakt machte am Montag die Klage der Drogeriekette Rossmann. Das Unternehmen fordert für überhöhte Händlergebühren bei Kartenzahlungen in den Jahren 2004 bis 2014 Schadenersatz in Höhe von rund 8,5 Millionen Euro. Zudem verlangt es die Erstattung von rund 200.000 Euro Kosten, die im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit entstanden sind.
Im Kern geht es um die Frage, ob es sich bei dem bis 2014 gültigen einheitlichen Händlerentgelt für Girocard-Zahlungen um eine unerlaubte Kartellabsprache handelte. Unternehmen in Deutschland haben damals beim Electronic-Cash-System für jeden Zahlungsvorgang mit der Giro- oder EC-Karte ein von den Bankverbänden festgelegtes, einheitliches Entgelt an die Bank gezahlt, die die Karte ausgegeben hat. Es betrug 0,3 Prozent des jeweiligen Umsatzes, mindestens aber 8 Cent. Für Umsätze an Tankstellen galt ein verringerter Satz.
Das ab 1990 eingeführte System war umstritten. Aus Sicht des Bundeskartellamtes beschränkte ein einheitliches durch die Banken festgelegtes Entgelt den Wettbewerb. Es dauerte aber bis 2014, bis die deutschen Banken es auf Druck des Kartellamtes aufgaben. Seither sind die Gebühren für Girocard-Zahlungen gesunken.
In der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass das Gericht durchaus Anzeichen für kartellrechtliche Verstöße sieht. Anwalt János Morlin ging davon aus, dass die zuständige Zivilkammer 16 Ansprüche für Schadenersatz sieht. Im Fall der Drogeriekette Rossmann könnte sich allerdings aus Sicht die Berechnung der Schadenhöhe als kompliziert erweisen. Dabei spielen Verjährungsfristen eine Rolle, aber auch Rückvergütungen, die seinerzeit erfolgten.
Eine Rossmann-Sprecherin wollte am Montagnachmittag keine weiteren Angaben machen: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu laufenden Verfahren nicht näher äußern.“ Rossmann ist eine der größten Drogeriemarktketten und hat außer seinen deutschen Filialen zahlreiche Niederlassungen in anderen europäischen Ländern.
„Das von der deutschen Kreditwirtschaft verwendete Electronic-Cash-Verfahren war zu jedem Zeitpunkt für den Handel deutlich günstiger als kreditkartenbasierte Zahlungsverfahren“, teilte ein Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft nach der Verhandlung mit. Die Einführung des Systems sei im Interesse des Handels und seiner Kunden gewesen. „Es ist der Klägerseite im heutigen Prozess nicht gelungen darzulegen, wo sie einen Schaden erlitten haben will“, meinte der Sprecher.
Wann das Gericht seine Entscheidung trifft, war zunächst offen. Bereits an diesem Dienstag wird die Kammer aber erneut zusammenkommen und über die nächste Klage verhandeln. Bis zum 1. Dezember sollen dann wöchentlich drei solcher Fälle beraten werden.
Das Landgericht gibt mit Verweis auf den Datenschutz vor der Verhandlung die Namen der klagenden Unternehmen nicht bekannt. Am Rande des ersten Prozesses wurde aber bekannt, dass unter anderen weitere Drogerieketten und ein inzwischen insolventer Baumarkt dazu gehören.
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