Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das Luftwaffen-Manöver „Air Defender“ als wichtiges Zeichen der Geschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft der Nato und ihrer Verbündeten gewürdigt.
Es gehe darum, dass „die Aussage auch ernst genommen wird von allen, dass wir bereit sind, jeden Zentimeter unseres Territoriums zu verteidigen“, sagte Scholz beim Besuch des Fliegerhorsts Jagel in Schleswig-Holstein, von wo aus Kampfjets der Bundeswehr und anderer Streitkräfte an der größten Luftwaffen-Übung der Nato-Geschichte teilnehmen. Insgesamt sind 25 Staaten mit rund 10.000 Soldaten und 250 Flugzeugen an der Übung beteiligt.
Als Zeichen der Verbundenheit mit den Soldaten stieg Scholz in das Cockpit eines Eurofighters und ließ sich dort zeigen, wie der aktuell modernste Kampfjet der Bundeswehr gesteuert wird. Ein Kanzler im Kampfjet - ein Sprecher der Luftwaffe versicherte, dass es das seit mindestens 30 Jahren nicht gegeben hat - vielleicht sogar noch nie.
Der Kanzler hat schon mehrfach gezeigt, dass er keine Berührungsängste mit schwerem militärischem Gerät hat. Bei einem Truppenbesuch auf dem Übungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein im vergangenen August stieg der 65-Jährige, der vor 40 Jahren den Kriegsdienst verweigert und Zivildienst in einem Pflegeheim geleistet hat, auf einen Gepard-Flugabwehrpanzer. In Litauen, wo die Bundeswehr die Nato-Ostflanke stärkt, ließ er sich vor einem Jahr unter anderem Leopard-2-Panzer und die Panzerhaubitze 2000, das schwerste Artilleriegeschütz der Bundeswehr, präsentieren.
Erst vor zwei Wochen flog der Kanzler von Rostock mit einem Hubschrauber auf das Kriegsschiff „Mecklenburg-Vorpommern“, um sich eine Marine-Übung vor der Ostsee-Küste anzuschauen. Mit einem Schlauchboot ließ er sich dann auch noch auf ein Minenjagdboot bringen, um sich den Schutz kritischer Infrastruktur erklären zu lassen. Auch da betonte er schon die Bedeutung solcher Manöver als Signal der Stärke - auch in Richtung Russland. Parallel zu „Air Defender“ lief in den vergangenen zwei Wochen bis Freitag das US-Manöver „Baltops“ in der Ostsee - ebenfalls mit Beteiligung zahlreicher Nato-Staaten.
Die Kooperation innerhalb des Bündnisses zu zeigen, sei gerade in diesen Zeiten eine „große Botschaft“, sagte Scholz in Jagel mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Die Bereitschaft, hier miteinander eng zu kooperieren ist sehr groß.“ Die Übung habe auch den praktischen Nutzen, dass man Verbesserungsmöglichkeiten in der Zusammenarbeit erkenne.
Scholz schaute sich auf dem Flugfeld des Luftwaffenstützpunkts auch die Kampfjets anderer Staaten an, darunter eine F-16, die die Ukraine gerne für den Abwehrkampf gegen Russland hätte. Die Bundesregierung prüft gerade, ob sie sich an der Ausbildung ukrainischer Piloten für Kampfjets westlicher Bauart beteiligen kann und will.
Während der Übung starteten mehrere Jets ins Manöver, deren Teil auch die sogenannte „Rückversicherung“ der Nato-Partner im Osten ist. Deswegen flogen nach Angaben eines Luftwaffen-Sprechers seit Beginn der Übung am Montag auch bereits Kampfjets das an Russland grenzende Litauen und das an die Ukraine grenzende Rumänien an.
Der größte Teil der Übung findet aber im deutschen Luftraum statt. Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs hielten sich bisher in sehr engen Grenzen. Die Deutsche Flugsicherung teilte mit, dass die durch „Air Defender“ verursachten Verspätungen in dieser Woche bei rund 22.000 Minuten am Tag lagen. Das sei weniger als an Sommertagen mit Gewittern, an denen sich Verspätungen im deutschen Luftraum auf bis zu 50.000 Minuten summierten. Die Europäische Flugsicherungsorganisation Eurocontrol hatte in einer Prognose für „Air Defender“ mit täglichen Verspätungen von rund 55.000 Minuten gerechnet.
Scholz zeigte sich erleichtert darüber. „Ich bin sehr dankbar für das große Verständnis aller Beteiligten, dass das hier möglich ist, und niemand sich wirklich ernsthaft beschwert hat.“ Nächste Woche bekommen die Soldaten in Jagel noch einmal prominenten Besuch. Dann schaut sich Verteidigungsminister Boris Pistorius die Übung gemeinsam mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an.
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