Angesichts der brenzligen Lage an der Front mit russischen Geländegewinnen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine schnelle Lieferung der kürzlich versprochenen US-Waffen gefordert. „Ich bin dem US-Kongress für seine Entscheidung dankbar, doch auch mit der Liefergeschwindigkeit und der Umsetzung von Entscheidungen darf es kein Problem geben“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
„Wir warten darauf, dass die Waffen für unsere Kämpfer in der Ukraine ankommen.“ Kurz zuvor hatte das ukrainische Militär einen Durchbruch der russischen Streitkräfte bei dem Ort Otscheretyne im östlichen Gebiet Donezk bestätigt. Die USA gelten als wichtigster Unterstützer der Ukraine, die sich seit mehr als zwei Jahren gegen Russlands Angriffskrieg wehrt.
Nach einer monatelangen innenpolitischen Hängepartie billigte der US-Kongress vergangene Woche neue Milliardenhilfen für Kiew - und machte damit den Weg für neue Waffenlieferungen frei. US-Präsident Joe Biden kündigte daraufhin an, ein erstes Soforthilfepaket in Höhe von einer Milliarde US-Dollar werde direkt auf den Weg gebracht.
Trotz Kritik hält Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron daran fest, einen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht auszuschließen. „Wenn die Russen die Frontlinien durchbrechen sollten, wenn es eine ukrainische Bitte gäbe - was heute nicht der Fall ist -, dann sollten wir uns die Frage berechtigterweise stellen“, sagte Macron in einem Interview des „Economist“. Dies aber von vornherein auszuschließen, wäre vor allem mit Blick auf die Abschreckung Russlands falsch und hieße, keine Lehren aus den vergangenen beiden Kriegsjahren zu ziehen.
Der Kreml hat die Erklärungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und des britischen Außenministers David Cameron zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. „Das ist eine sehr wichtige und sehr gefährliche Äußerung“, kommentierte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge Macrons Beharren darauf, einen Einsatz westlicher Truppen in der Ukraine nicht auszuschließen. Die Gefahr einer direkten Beteiligung Frankreichs an dem Konflikt steige damit.
Kritik erntete auch der britische Außenminister Cameron nach seinem Besuch in Kiew. Der frühere britische Premierminister sicherte der Ukraine dort erneut Unterstützung zu, nachdem London angekündigt hatte, die Ukraine weiterhin jährlich mit mindestens drei Milliarden Pfund unterstützen zu wollen. Die Ukraine verteidige sich unerschütterlich gegen Russlands illegale Invasion, teilte Cameron mit. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betonte er während seiner Reise, es liege an Kiew zu entscheiden, wie sie gelieferte Waffen einsetzten.
Russland hat nach eigener Darstellung seit Jahresbeginn mehrere Hundert Quadratkilometer ukrainischen Territoriums erobert und der Ukraine Verluste von mehr als 100.000 Soldaten zugefügt. Insgesamt habe die Ukraine in diesem Jahr mehr als 111.000 Mann und mehr als 21.000 Einheiten an Fahrzeugen und militärischem Gerät verloren, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu auf einer Sitzung ranghoher Militärs. Zugleich sei es gelungen, Gebiete in einer Größe von 547 Quadratkilometern zu erobern, fügte er hinzu. Das ist etwas mehr als die Fläche des Stadtstaats Bremen.
Nach Angaben Schoigus sind die ukrainischen Verluste speziell im April besonders hoch. Täglich seien dort mehr als 1000 Soldaten gefallen oder schwer verwundet worden, behauptete er. Unabhängig lassen sich die Aussagen Schoigus nicht überprüfen. Allerdings sind die Probleme der Ukraine an der Front bekannt - auch durch die Verzögerungen bei den westlichen Waffenlieferungen, insbesondere vonseiten der USA, die als wichtigster Verbündeter Kiews gelten.
Unter dem Eindruck des Kriegs hat der russische Energiekonzern Gazprom im vergangenen Jahr erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert rote Zahlen geschrieben. Der Nettoverlust für das zweite Kriegsjahr 2023 belief sich auf rund 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro), wie aus einem Unternehmensbericht hervorgeht.
Der Einbruch dürfte sich maßgeblich durch die äußerst geringen Gas-Liefermengen nach Europa erklären lassen. Aus Protest gegen westliche Sanktionen hatte Moskau im Sommer 2022 selbst den Gashahn weitgehend zugedreht.
In Georgien halten derweil Massenproteste gegen ein geplantes Gesetz an, das die Südkaukasus-Republik in den Augen vieler Kritiker weg von der EU und näher an Russland treiben könnte. Das Gesetz, das am Vortag trotz Protesten die zweite Lesung im Parlament passierte, sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten, über die Herkunft Rechenschaft ablegen müssen. Viele Beobachter werfen der moskaufreundlichen Regierung der Ex-Sowjetrepublik vor, sie habe das geplante Gesetz nach dem Vorbild eines russischen „Agenten“-Gesetzes ausgearbeitet.
Sollte das georgische Parlament das umstrittene Gesetz verabschieden, hat das Land nach Einschätzung des Grünen-Politikers Anton Hofreiter keine Chance auf einen EU-Beitritt. „Mit dem sogenannten Agentengesetz kann Georgien nicht Teil der EU werden“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
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