„Wir haben in dieser Hauptverhandlung alles erlebt“, sagt der Vorsitzende Richter Thomas Bott. „Vom Krimi bis zum Drama bis zur Tragödie.“ Nur die Inszenierung, die lasse zu wünschen übrig. Und das gelte nicht nur für die „Teilwahrheiten“ im Prozess - sondern auch für die Tat an sich.
Für den geplanten Axt-Mord an ihrem Ehemann muss eine Frau aus der Nähe von München ins Gefängnis. Das Landgericht München II verurteilt sie und den Mann, den sie mit dem Mord an ihrem Gatten beauftragte, wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Haft. Die Tochter der Frau und deren Lebensgefährte werden jeweils zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Aus dem gut gefüllten Zuschauerraum, in dem sich Bekannte und Verwandte der Angeklagten und des Opfers versammelt haben, gibt es Applaus. Im Fall der Tochter geht das Gericht mit seinem Urteil sogar noch weit über die Forderungen der Staatsanwaltschaft hinaus, die siebeneinhalb Jahre Haft gefordert hat.
Allein die Tat, wie das Gericht sie bestätigt sieht, war filmreif: Die Kammer ist überzeugt davon, dass der wohlhabende Ehemann sterben sollte, weil seine Frau pleite war und mehr als eine Million Euro aus einem Lottogewinn in wenigen Jahren durchgebracht hatte, ohne dass er davon wusste. Auf ihrem Handy fanden sich Suchverläufe mit der Frage, welches tödliche Gift im Körper nicht nachweisbar ist. Der Freundin ihres Sohnes soll sie gesagt haben: „Es ist bald zu Ende mit ihm.“
Weil sie es selbst nicht schaffte, davon ist das Gericht überzeugt, schaltete sie ihre Tochter und deren Lebensgefährten ein, die einen Auftragskiller aus Bulgarien mit nach Deutschland brachten. Diesem Mann sagte die Ehefrau, wann ihr Gatte abends in den Garten geht, um in den Sternenhimmel zu schauen. Und genau dann schlug der Auftragsmörder mit einer Axt zu.
Doch das Opfer überlebte mit schweren Schädelverletzungen - auch weil ein Nachbar auf den Tumult aufmerksam wurde und eingriff. Dass seine Frau, mit der er seit 17 Jahren zusammen war, die Tat in Auftrag gegeben hatte, erfuhr der Ehemann erst, als sie bei der Rückkehr aus einem gemeinsamen Wellness-Urlaub festgenommen wurde.
„Es ist katastrophal“, hatte der Mann im Prozess die Erkenntnis beschrieben, dass seine Frau verdächtigt wird. „Der körperliche Schmerz ist tatsächlich noch der geringste von allem“, betonte er. „Das ganze Weltbild - man stellt ja alles infrage.“
Und auch der Prozess hätte jedem Drehbuch für eine Gerichtsshow alle Ehre gemacht. Es gab irre Wendungen, gegenseitige Beschuldigungen und ein Last-Minute-Geständnis der Haupt-Auftraggeberin kurz vor dem Ende. Das hatte aber aus Sicht des Gerichts allein zum Ziel, die Tochter aus der Schusslinie zu nehmen und dafür zu sorgen, dass wenigstens sie nicht ins Gefängnis muss. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer von einem „patzig hingehunzten, pauschalen Geständnis“ gesprochen. Er habe „keinen Eindruck von Reue, von Schuldeinsicht“.
Es habe allenfalls „Teilwahrheiten“ gegeben, sagt Richter Bott. Und die nur, um die eigene Haut zu retten oder die der Tochter. Die ganze Wahrheit, die habe im Prozess niemand gesagt.
Die Tochter und deren Partner hatten alle Vorwürfe gegen sich abgestritten, der vierte Angeklagte im Prozess geschwiegen. Die Verteidiger der Drei hatten Freispruch gefordert.
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