Lisa Müller schien auf dem direkten Weg in die Weltspitze. Als die damals 30 Jahre alte Dressurreiterin bei Deutschlands größtem Hallen-Turnier sensationell den Grand Prix der Master-Tour gewann, wirkte das wie der Durchbruch. Die Frau des 2014-Fußball-Weltmeisters Thomas Müller schlug in Stuttgart vor sechs Jahren sogar ihre Trainerin Isabell Werth.
Es folgte die Berufung in den Perspektiv-Kader und kurze Zeit später der Kauf von D'Avie, zweimal in seiner Altersklasse Weltmeister der Jungen Pferde. Doch der Hengst, der Schätzungen zufolge mehrere Millionen gekostet hat, brachte nicht den erwarteten Effekt. Die Weltspitze ist für Lisa Müller derzeit weiter entfernt als zu Zeiten ihres bisher größten Erfolges im Dressursattel.
An diesem Wochenende startet Lisa Müller wieder beim Turnier in Stuttgart im Grand Prix. Sie sattelt den zehnjährigen Hengst Mondrian. Eines von mehreren hoffnungsvollen Pferden aus ihrem Stall im bayrischen Otterfing, südlich von München, wo die Müllers das Gestüt Gut Wettlkam betreiben. „Ich kann gerade wirklich aus dem Vollen schöpfen“, sagte die 36-Jährige dem Fachportal „dressursport.kim“ in einem ihrer selten Interviews.
„Ich habe fünf Grand Prix-Pferde, und alle können 70 Prozent oder mehr erreichen“, sagte Lisa Müller: „Das ist schon sehr, sehr schön!“ Fünf Pferde für die schwersten Dressur-Prüfungen für eine einzelne Reiterin sind in der Tat ungewöhnlich. Besonders ist aber auch, dass sie drei davon selbst auf Grand-Prix-Niveau ausgebildet hat - zusammen mit Heimtrainer Götz Brinkmann und Isabell Werth.
Nach einer langen Durststrecke ging es zuletzt aufwärts für die 36-Jährige. Erste Plätze bei den bayrischen Meisterschaften 2024 und 205 sowie zwei Siege bei international ausgeschriebenen Grand-Prix-Prüfungen mit Zonik stehen in ihrer Erfolgsstatistik.
„Sie hat sehr gute Pferde“, sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu: „Da kann sie aus dem Vollen schöpfen.“ Sich in der Weltspitze durchzusetzen, sei jedoch schwer, „das hat auch viel mit Erfahrung zu tun“, betonte Theodorescu: „Es ist ein sehr langer Weg.“
Dieser Weg führt jetzt wieder in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Am Samstag steht der Grand Prix auf dem Programm der Reiterin, die wegen ihres berühmten, derzeit in Kanada spielenden Ehemannes immer unter besonderer Beobachtung steht. „Sie steht unter Druck, weil alle gucken“, sagte Werth beim Start der Zusammenarbeit mit Müller: „Sie kann nicht einen Fehler machen, ohne dass die ganze Welt darüber redet.“
Lisa Müller hatte sich zuletzt weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. In der Dokumentation „Thomas Müller – Einer wie keiner“ sagte sie: „Privatleben hast du nicht mehr. Die Menschen lassen einen sehr wenig in Ruhe.“
Bei Instagram war die Dressurreiterin früher sehr aktiv, sorgte mit Anmerkungen zu den Einwechselungen des damaligen Bayer-Trainers Niko Kovac für Aufregung, machte aber zuletzt eine lange Pause. Vor wenigen Wochen postete sie nach langer Zurückhaltung im Anschluss eines Praktikums bei der bayerischen Landtagspräsidentin Ilse Aigner ein Video. Das Gespräch mit dem Portal „dressursport.kim“, bei dem es um ihre fünf Toppferde geht, wirkt insofern als nächster kleiner Schritt zurück in die Öffentlichkeit.
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