Das Hauptquartier für den geplanten Nato-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte wird in Deutschland angesiedelt. Als Standort ist die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden vorgesehen, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen der Verteidigungsminister des Bündnisses in Brüssel mitteilte. Dort ist auch die Basis der US-Streitkräfte in Europa, die bislang die Koordinierungsaufgaben wahrnehmen.
Stoltenberg zufolge soll ein Teil der Koordinierungsmission auch im östlichen Teil des Bündnisses angesiedelt sein. Die Leitung wird ein Drei-Sterne-General übernehmen, der direkt an den Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte in Europa berichtet.
Stoltenberg sprach davon, dass fast 700 Personen aus Nato-Staaten und Partnerländern an diesen Bemühungen beteiligt sein sollen. „Die Nato überwacht die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte in Ausbildungseinrichtungen der Bündnisstaaten, unterstützt die Ukraine durch die Planung und Koordinierung von Spenden, verwaltet den Transfer und die Reparatur von Ausrüstung und unterstützt die langfristige Entwicklung der ukrainischen Streitkräfte“, sagte der Norweger. „Diese Bemühungen machen die Nato nicht zu einer Partei des Konflikts, aber sie werden unsere Unterstützung für die Ukraine verbessern, damit diese ihr Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann.“
Der Operationsplan für die Koordinierungsmission war gestern vom Nordatlantikrat im schriftlichen Verfahren beschlossen worden. Er wurde dann heute von den Verteidigungsministern bestätigt.
Die Unterstützungsaufgaben werden bislang federführend von den Vereinigten Staaten wahrgenommen. Diese hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte im hessischen Wiesbaden eine rund 300 Soldaten starke Einheit mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut.
Das Nato-Projekt gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.
Nicht beteiligen wird sich an dem neuen Nato-Projekt Ungarn. Die dortige Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban befürchtet, dass das Bündnis durch das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte. Deswegen waren vor zwei Jahren auch noch zahlreiche andere Nato-Staaten sehr zurückhaltend gewesen. Sie verhinderten eine stärkere Nato-Unterstützung. Im Laufe der Zeit hat sich die Einschätzung aber verändert und die meisten Nato-Staaten stufen das Risiko als kalkulierbar ein.
Um dafür zu sorgen, dass Ungarn nicht den notwendigen Konsens für das Projekt verhindert, wurde dem Land zugesichert, dass es sich weder finanziell noch personell beteiligen muss.
Das neue Projekt wird derzeit bündnisintern als „Nato Security Assistance and Training for Ukraine“ (NSATU) bezeichnet. Die meisten Nato-Staaten hatten sich zuvor eigentlich für den Namen „Nato Mission Ukraine“ ausgesprochen. Die Bundesregierung vertrat allerdings den Standpunkt, dass dieser irrtümlich so verstanden werden könnte, dass das Bündnis Soldatinnen und Soldaten in die Ukraine schicken wolle. Sie befürchte deswegen, dass der Name von Russland für Propaganda gegen die Allianz genutzt werden könnte.
Auf Grundlage des vereinbarten Operationsplans können nun die weiteren Vorbereitungen für das Projekt erfolgen. Offiziell gestartet werden soll es im Idealfall im Juli, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz und die anderen 31 Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Washington zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen.
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