Für das Vereinigte Königreich ist es ein nahezu sakraler Moment. Die Bedeutung: irgendwo zwischen Papstwahl und Mondlandung. In einem Monat - am 6. Mai - werden König Charles III. und seine Ehefrau Queen Camilla gekrönt. Zahlreiche Gäste sind geladen. Doch auf einen prominenten Besucher muss das Königspaar verzichten. Was ist bisher bekannt? Ein Überblick.
Die mehr als 2000 geladenen Gäste - bei Queen Elizabeth II. 1953 waren es noch mehr als 8000 - erhalten eine geblümte Einladungskarte. Darauf: der „Grüne Mann“ als fokloristisches Symbol für Frühling und Wiedergeburt, dazu Wildblumen in Dreiergruppen - weil Charles der dritte König seines Namens ist.
Traditionelle Krönungsstätte ist die Westminster Abbey in London, die damit zum zweiten Mal in acht Monaten im Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit steht. Zum Staatsbegräbnis von Queen Elizabeth II. im September 2022 versammelten sich hier Dutzende Staatschefs und gekrönte Häupter. Nun kommt fast die gleiche Schar zusammen, um ihren Sohn zu würdigen.
Doch es gibt eine prominente Ausnahme: US-Präsident Joe Biden wird nicht anreisen. Stattdessen werde First Lady Jill Biden die Vereinigten Staaten vertreten, teilte das Weiße Haus mit. Konservative in London empören sich bereits, der Staatschef zeige Charles die kalte Schulter. Die Historie aber zeigt: Bisher hat kein US-Präsident einer britischen Krönung beigewohnt.
Aus Deutschland wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet, der zuletzt drei Tage Gastgeber für Charles und Camilla bei deren erfolgreichem Staatsbesuch in Berlin, Brandenburg und Hamburg war.
Spannend bleibt, ob Charles' jüngerer Sohn Prinz Harry und dessen Ehefrau Herzogin Meghan teilnehmen. Eingeladen sind sie. Doch wegen schwerer Vorwürfe vor allem gegen Camilla und Thronfolger Prinz William, aber auch Charles selbst, ist die Teilnahme völlig offen. Oft wird betont, Harry und Meghan seien keine „working royals“ mehr, also keine Repräsentanten. Als der 38-Jährige kürzlich in London weilte, soll er bei Freunden übernachtet haben, ein Treffen mit Vater Charles und Bruder William gab es demnach nicht.
Die Krönung fällt auf den vierten Geburtstag von Harrys und Meghans Sohn Prinz Archie. Kommen sie dazu nicht aus ihrem Wohnsitz in Kalifornien in die alte Heimat, drohe der Beziehung zur Royal Family ein „fataler, unumkehrbarer Schlag“, warnen konservative Kommentatoren in London.
Einige Zeitungen wie die „Times“ bezeichnen Camilla bereits als „Queen“ (Königin), mit der Krönung wird dieser Titel nun offiziell, wie aus der Einladung hervorgeht. Der Palast hatte die „Queen-Frage“ jahrelang vermieden - auch weil Camilla vielen als Intrigantin galt, die Charles der beliebten Prinzessin Diana ausgespannt habe. Als der damalige Thronfolger und Camilla 2005 heirateten - diesen Sonntag ist das genau 18 Jahre her -, wurde betont, die neue Ehefrau werde einst als „Princess consort“ (Prinzgemahlin) bezeichnet werden.
Anfang 2022 gab dann Queen Elizabeth II. ihren Wunsch bekannt, ihre Schwiegertochter solle den Titel „Queen Consort“ (Königsgemahlin) tragen. „Alle früheren Königsgemahlinnen waren unter dem Titel 'Queen' und ihrem Vornamen bekannt“, betonte eine royale Quelle.
Die Krönung formalisiert die Rolle des Monarchen als Oberhaupt der Church of England. Kürzer, kleiner, moderner solle die religiöse Zeremonie werden, war nach Charles' Amtsantritt zu hören. Zentrale Elemente aber bleiben, etwa die Salbung mit geweihtem Öl. Der Ablauf ist seit mehr als 1000 Jahren unverändert. Bei der Länge passt sich der König aber der Moderne an. Während die Krönung bei seiner Mutter 1953 drei Stunden dauerte, ist diesmal nur eine Stunde eingeplant.
„Der Gottesdienst wird vom Erzbischof von Canterbury geleitet, wird die heutige Rolle des Monarchen widerspiegeln und in die Zukunft blicken, während er in langjährigen Traditionen und Prunk verwurzelt bleibt“, betont der Palast. Der Erzbischof - Justin Welby - ist das geistliche Oberhaupt der Anglikanischen Kirche.
Dem ältesten Enkel von Charles, Prinz George, wird eine besondere Rolle zuteil. Gemeinsam mit drei Enkeln von Camilla - den Zwillingen Guy und Louis sowie Freddy (alle 13) - und vier weiteren Jungen aus dem Familien- und Freundeskreis begleitet der Neunjährige die Zeremonie als Ehrenpage („Page of Honour“). Sie sind Teil der Prozession und übernehmen verschiedene kleinere Aufgaben.
Mit der Krönung in London sind die Feierlichkeiten lange nicht vorbei. Am Sonntag (7. Mai) sollen die Menschen zum „Coronation Big Lunch“ zusammenkommen, einem „großen Krönungsessen“. Landesweit sind Straßenfeste, Tee-Partys und andere Veranstaltungen geplant, die Menschen sollen sich in Clubs, Parks oder der Nachbarschaft treffen. Abends findet dann auf Schloss Windsor ein „Krönungskonzert“ statt, mit Stars und einem besonderen „Krönungschor“.
Unter dem Motto „Big Help“ (große Hilfe) wird die Bevölkerung dann am Montag (8. Mai) ermuntert, die Freiwilligenarbeit in ihren Gemeinden kennenzulernen. Schule oder Arbeit muss man dafür nicht schwänzen: Die Menschen im Vereinigten Königreich erhalten am Montag einmalig einen zusätzlichen arbeitsfreien Feiertag - der auch die Gastronomie ankurbeln soll.
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