Die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg gehen weiter. Katar spricht Angaben des Außenministeriums des Landes zufolge derzeit mit den Delegationen von Israel und der islamistischen Hamas über den Rahmen der Gespräche. Die eigentlichen Verhandlungen hätten noch nicht begonnen. Um eine Waffenruhe war es am Montag auch bei einem Treffen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump in Washington gegangen.
Der israelische Sender Kan meldete, hochrangige Politiker des Landes gingen davon aus, dass die Gespräche noch über die kommende Woche hinaus dauern könnten. Der Sender berichtete unter Berufung auf politische Kreise weiter, es herrsche Einigkeit zwischen beiden Kriegsparteien über 80 bis 90 Prozent des derzeit diskutierten Entwurfs, der unter anderem eine 60-tägige Feuerpause und die Freilassung zehn lebender Geiseln vorsieht.
Ein Sprecher des katarischen Außenministeriums sagte, das Land versuche die Kluft zwischen beiden Kriegsparteien zu überwinden. Beide Seiten zeigten Einsatz. Der Prozess brauche aber Zeit.
Laut einem Funktionär der Hamas besteht unter anderem noch Klärungsbedarf zur Fortdauer der vorerst auf 60 Tage befristeten Feuerpause und zum Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen. Israelischen Medien zufolge fordert die Hamas, dass sich das israelische Militär auf die Positionen zurückzieht, die es vor dem Scheitern der vorherigen Waffenruhe im März hatte.
Trump und seine Berater bemühen sich einem israelischen Medienbericht zufolge auch um ein Abkommen mit Israels Nachbarland Syrien. Die USA hofften, einen Durchbruch noch während des laufenden Besuchs von Netanjahu zu erzielen, meldete die Zeitung „Israel Hajom“ unter Berufung auf Kreise aus dem Umfeld des Weißen Hauses. Die USA hätten einen Gesandten nach Damaskus geschickt, um eine Vereinbarung abzuschließen. Dem Bericht zufolge geht Trump davon aus, dass ein solches Abkommen Netanjahu helfen könne, seine Position in den Gaza-Verhandlungen zu lockern.
Netanjahu unterbreitete Trump in Washington, ihn für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen zu haben. Bei dem Abendessen deutete der israelische Regierungschef erneut an, dass es derzeit eine Gelegenheit gebe, Normalisierungsabkommen mit weiteren arabischen Ländern abzuschließen.
Trump hatte 2020 während seiner ersten Amtszeit die sogenannten Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten auf den Weg gebracht - damals ein historischer Durchbruch. Auch dafür habe Trump einen Nobelpreis verdient, sagte Netanjahu in Washington. In Anwesenheit von Journalisten lobte er dessen „Streben nach Frieden und Sicherheit“ und reichte ihm einen Brief, den er an das Nobelpreiskomitee geschickt habe. Wer in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhält, wird am 10. Oktober bekanntgegeben.
Israel und Syrien befinden sich seit 1948 offiziell im Kriegszustand. Zuletzt hieß es aus informierten syrischen Kreisen, dass Israel und Syrien wieder direkte Gespräche über begrenzte Sicherheitsvereinbarungen sowie einen möglichen Rückzug israelischer Truppen aus Gebieten im Süden Syriens führen. Die „New York Times“ schrieb, in den Gesprächen zwischen Israel und Syrien gehe es darum, Spannungen entlang der Grenze abzubauen.
Seit dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad im Dezember 2024 hat die israelische Armee ihre militärischen Aktivitäten auf syrischem Gebiet deutlich ausgeweitet. Sie verlegte auch Truppen in eine von den Vereinten Nationen kontrollierte Pufferzone zwischen beiden Ländern. Israel will auf diese Weise laut eigenen Angaben unter anderem gegen iranische Waffenlieferungen an die islamistische Hamas und die libanesische Hisbollah-Miliz vorgehen.
Bei israelischen Angriffen und Beschuss seit dem Morgen sind im Gazastreifen nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa 35 Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien auch Minderjährige.
Israels Armee geht im Gazastreifen eigenen Angaben nach gegen die Hamas und andere Terrororganisationen vor. Sie betont dabei stets, Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung zu schonen. Die Angaben beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Für Aufsehen sorgten israelische Pläne für die Errichtung eines Lagers für 600.000 innerhalb des Gazastreifen vertriebenen Palästinenser im Süden des Küstengebiets. Verteidigungsminister Israel Katz sprach laut Medienberichten von einer „Humanitären Stadt“ auf den Trümmern der im Gaza-Krieg zerstörten Stadt Rafah. Damit solle die Macht der Hamas geschwächt werden.
Das Lager solle während der angestrebten Feuerpause entstehen. Es solle von „internationalen Partnern“ verwaltet werden. Das israelische Militär würde das Umfeld sichern.
Das Lager werde auch dazu dienen, den Emigrationsplan für die Palästinenser umzusetzen. „Denn der wird kommen“, zitierten Medien den Minister. Netanjahu sagte in Washington, Israel und die USA seien „kurz davor, mehrere Länder zu finden“, die Palästinenser aufnehmen würden, die den vom Krieg verwüsteten Gazastreifen verlassen möchten. „Das nennt man freie Wahl. Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben; aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können.“
Der US-Präsident hatte Anfang Februar erklärt, die USA könnten den Gazastreifen übernehmen, das kriegszerstörte Gebiet planieren, neu aufbauen und in eine „Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln. Die mehr als zwei Millionen Palästinenser müssten dazu umgesiedelt werden.
Israelische Regierungsvertreter haben mehrfach angekündigt, die „freiwillige“ Emigration eines bedeutenden Teils der knapp mehr als zwei Millionen Bewohner des abgeriegelten Küstenstreifens voranzutreiben - obwohl es bislang kein Land gibt, das sich zur Aufnahme einer nennenswerten Zahl von Palästinensern aus dem Gazastreifen bereit zeigt.
Kritiker auch in Israel haben zudem Zweifel, ob die Entscheidung, den Gazastreifen zu verlassen, angesichts der großen Zerstörung im Gazastreifen auch nur annähernd als freiwillig betrachtet werden kann. Eine Zwangsumsiedlung würde laut Experten gegen das Völkerrecht verstoßen.
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