Aussagen des US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump zum Beistand in der Nato stoßen in Deutschland auf scharfe Kritik. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte bei einem Besuch in Zypern in der Hauptstadt Nikosia: „Diese Äußerungen sind verantwortungslos und spielen sogar Russland in die Hände.“ Daran könne niemand im Bündnis ein Interesse haben. Mehrere Außenpolitiker äußeren sich alarmiert. Die Bundesregierung machte deutlich, dass sie weiter auf ein funktionierendes Bündnis baut.
„Das Schutzversprechen der Nato gilt uneingeschränkt. Alle für einen. Einer für alle“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Treffen mit dem neuen, proeuropäischen Regierungschef Polens, Donald Tusk. Scholz erklärte weiter, aus aktuellem Anlass wolle er klar sagen: „Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der Nato ist unverantwortlich und gefährlich und ist einzig und allein im Sinne Russlands. Niemand darf mit Europas Sicherheit spielen oder dealen.“
Der ehemalige US-Präsident Trump hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat South Carolina gesagt, der „Präsident eines großen Landes“ habe ihn einmal gefragt, ob die USA das Land auch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er habe geantwortet: „Nein, ich würde euch nicht beschützen.“ Vielmehr noch: Er würde Russland „sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“. Es war dabei unklar, ob es jemals so ein Gespräch zwischen Trump und einem Staatschef gegeben hat, denn der Republikaner sagte auch: „Nehmen wir an, das ist passiert.“ Trump will bei der US-Präsidentschaftswahl im November erneut für die Republikaner antreten.
Steinmeier sagte in einer Pressekonferenz mit Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis, in den USA sei Wahlkampf: „Manches ist provokativ. Aber auch wenn es provokativ ist, heißt es nicht, dass wir es nicht ernst nehmen sollten.“ Zugleich appellierte er an die Europäer, nicht so zu tun, als sei die Wahl in den USA schon entschieden. In seiner Amtszeit hatte Trump Deutschland wiederholt vorgeworfen, zu wenig Geld für Verteidigung auszugeben.
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), sagte dem „Tagesspiegel“: „Donald Trumps irrlichternde Äußerungen zu den vertraglichen Verpflichtungen der USA im Fall des Angriffs auf ein Nato-Mitglied beweisen erneut, wie unberechenbar, skrupellos und unzuverlässig er ist.“ Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bezeichnete die Äußerungen als bedrohlich für die gemeinsame Sicherheit und „leichtsinnig gegenüber der Nato“.
Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Aussage sei wie eine Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, das Verteidigungsbündnis zu testen. „Der testet uns dann nicht in Deutschland, aber vielleicht im Baltikum“, warnte Gabriel am Montag im Deutschlandfunk.
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte, ein Sieg Trumps bei der Präsidentschaftswahl im Herbst würde die Nato in eine existenzielle Krise stürzen. „Wer aus seiner Sicht nicht ausreichend zahlt, wird von den USA nicht beschützt“, sagte er der „Bild“. Deutschland müsse daher „verstehen, dass wir schon bald gar keine andere Wahl mehr haben könnten, als uns selbst zu verteidigen und das in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht. Wir müssen das als Europäer schaffen, weil alles andere eine Kapitulation vor Putin wäre.“
Für die Bundesregierung verwies Sprecherin Hoffmann grundsätzlich darauf, dass Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der Nato bei den Verteidigungsausgaben nun erfülle. Über mögliche Forderungen der USA, diese Zielmarke weiter zu erhöhen, wolle sie nicht spekulieren. „Wir setzen auf eine starke und handlungsfähige Nato“, sagte sie. Und: „Wir sind jetzt dem Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet und auch entschlossen, das weiterhin einzuhalten. Und wir sind uns der Gefahren, die von einem imperialistischen Russland für Europa ausgehen, durchaus sehr bewusst und was das auch für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der Nato bedeutet.“
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