Bayerns Bürger sind infolge von Inflation und Konjunkturschwäche finanziell vorsichtiger geworden. Wie der Bayerische Sparkassenverband am Donnerstag berichtete, beantragen Privatkunden weniger neue Kredite. Vor allem die Nachfrage nach Immobiliendarlehen ist eingebrochen: Die Zusagen für Wohnungsbaukredite an Privatleute sanken 2022 auf 11,8 Milliarden Euro, ein Minus von 14,2 Prozent.
Gleichzeitig wird weniger gespart. Die privaten Bankeinlagen bei den 61 Sparkassen im Freistaat legten 2022 um 1,8 Milliarden Euro zu - ein Viertel des Zuwachses im ersten Pandemiejahr 2020. „Viele private Haushalte kämpfen mit der Inflation und hohen Energiepreisen, konnten über das Gesamtjahr weniger zurück- beziehungsweise anlegen“, kommentierte Verbandspräsident Ulrich Reuter.
Anders sieht das Bild bei den Firmenkunden aus, die nach wie vor viele Darlehen beantragen: Das an Unternehmen ausgereichte Kreditvolumen stieg um 6,2 Prozent auf 91,2 Milliarden Euro. Nach den Worten Reuters gibt es bisher keine Anzeichen für eine seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 befürchtete Pleitewelle. Vorsichtig sind die kommunalen Kreditinstitute dennoch: „Langfristig müssen wir aber schon damit rechnen, dass sich bisher ausgebliebene Insolvenzen aus drei Krisenjahren noch realisieren können“, sagte Reuter.
Die Sparkassen selbst hoffen wegen des rapiden Anstiegs der Zinsen wieder auf bessere Zeiten. Das Geschäftsmodell der Geldinstitute beruht ganz wesentlich auf der Zinsspanne: Ein Teil der Kunden legt Geld zu vergleichsweise niedrigen Einlagezinsen an, das die Sparkassen dann zu höheren Kreditzinsen weiter verleihen.
Der Zinsüberschuss war in der langjährigen Nullzinsphase weitgehend zusammengeschrumpft. Nun ist er wieder kräftig gestiegen, um fast zehn Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Ohne Zinsen laufe der Geldkreislauf nicht rund, sagte Reuter, wie eine Mühle ohne Wasser. „Wenn das Wasser aber wieder fließt, kann auch die Mühle wieder anfangen zu arbeiten.“
Der Nettogewinn der bayerischen Sparkassen ist im Vergleich zum Vorjahr von 335 Millionen auf 301 Millionen Euro gesunken. Hauptursache war eine niedrigere Bewertung der Kapitalanlagen. Ein weiterer langjähriger Trend hielt an: Die Sparkassen reduzierten ein weiteres Mal die Zahl ihrer Geschäftsstellen: Ende 2022 gab es noch 1431 Vollfilialen, 81 weniger als ein Jahr zuvor.
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