In seine Heimatstadt würde der gebürtige Venezianer Luca Torta nie wieder zurückkehren. Seit 40 Jahren betreibt er im Herzen der norditalienischen Stadt Trient ein Kaffeehaus direkt neben dem Torre Negri, einem der Wahrzeichen der Stadt.
Gerade experimentiert Luca an einem Kaffee mit eigener Lakritz-Note. „Trento bietet viel Lebensqualität, denn hier geht es noch ruhig und beschaulich zu“, erklärt Luca, froh darüber, dass die Innenstadt autofrei ist und man überall flanieren kann. Kurzum: Trient wird im Gegensatz zu anderen italienischen Städten oft unterschätzt. Dabei versprüht die vor weit über 2.000 Jahren von den Kelten gegründete und später den Römern eroberte Stadt mit ihren Piazzas und Gassen, den Palästen und Prachtbauten wie etwa der Castello del Buonconsiglio mindestens ebenso viel mediterranes Ambiente wie das nahe gelegene, aber oft überlaufene Verona.Lange, bevor die deutschen Kaiser im Mittelalter vor ihrer Krönung in Rom hier entlang schritten, hatten die Römer die strategische Lage der Stadt im Etschtal erkannt. Ausgrabungen unter der Altstadt haben ein ausgeklügeltes Kanalsystem des antiken Tridentum - so der latienische Name von Trient -zutage gefördert.
Bis heute ist der Wasserreichtum der Grundstein des Reichtums der Region. Seit dem Zweiten Weltkrieg wird mit Wasserkraft Strom erzeugt, der bis heute andere Landesteile mit Strom versorgt. Auch mit dem Tourismus ist Wasser eine Verbindung eingegangen.
Über 300 Seen zählt man im Trentino; die Region wird gerne als Klein-Finnland bezeichnet - allerdings bereichert durch die atemberaubende Kulisse der Dolomiten.
Wer dem Trubel des Gardasees, der verwaltungstechnisch zu Trient, Verona und Brescia gehört, entfliehen möchte, entdeckt unweit viele andere Bade-, Angel- und Sportmöglichkeiten. Die für Besucher wichtigsten Seen in Kurzportraits.
Rund zwanzig Autominuten von Trient, auf der anderen Seite des Hausbergs Monte Bondone, entfaltet das Valle dei Laghi, das Tal der Seen, seinen Charme. Der vielleicht schönste See des Tals ist der Lago Toblino mit seiner romantischen, oftmals von Nebel umhüllten Burg aus dem 16. Jh., die auf einem Felsvorsprung thront und immer wieder als Filmkulisse dient.
Geschützt von den Bergen herrscht hier ein angenehmes Mittelmeerklima. Auch die Vegetation ist mediterran: Auf der einen Seite geht es vorbei an Weinreben und Steinmauern, aus denen Feigenbäume sprießen. Auf der anderen Seite wachsen Platanen und Zypressen, durch die der See schimmert.An den Hängen gedeiht die autochthone Nosiola-Rebe, aus der Sebastian Sartorelli in der nahegelegenen „Hosteria Toblino“ seine Weine keltert. Die Einheimischen nennen das Tal der Seen auch Tal des Windes, weil hier ab den Mittagsstunden die sogenannte Ora zirkuliert, ein Warmluftkanal, der Luft vom Gardasee in Richtung Norden bläst. „Dank dieses Windes gedeihen bei uns spät reifende Trauben und die nördlichsten Olivenbäume in Europa“, so Sartorelli. Vom Wind profitieren auch die Wassersportler, insbesondere die Surfer am Lago Cavedine, der direkt hinter dem Lago Toblino liegt. Schroffes Felsmassiv spiegelt sich im Wasser. Baden kann man nicht nur im See, sondern auch im Sarca-Fluss, der im Norden den See verlässt und später in den Gardasee mündet. Ein schöner Badeplatz ist unter der römischen Brücke beim kleinen Ort Ceniga südlich des Lago Cavedine.
Am anderen Ende des Valle dei Laghi liegt einer der wohl der kuriosesten Seen des Trentino, der kleine Lago di Lamar. Er sieht aus wie ein Spiegel umgeben von bewaldeten Felsen. Der grasbewachsene Strand ist im Sommer besonders bei Familien beliebt.
Der umliegende Bergwald ist ein Schutzgebiet für Fledermäuse. Wenn man den Warnschildern glauben darf, zieht die Abgeschiedenheit des Sees auch Bären an. Die ersten Exemplare wurden vor 25 Jahren in den Dolomiten ausgewildert.
Auf über 800 Metern Höhe liegt er, und schon bei der Anfahrt sieht man sein smaragdgrünes Wasser schimmern. Der Lago Molveno liegt eingebettet zwischen den Brenta-Dolomiten und dem Paganella-Bergmassiv. Und er wurde mit seinen weitläufigen Uferwiesen und weißen Kiesstränden schon mehrmals, zuletzt im Jahr 2024, zum schönsten See Italiens gekürt. Zum Schutz des glasklaren Wassers sind nur Elektroboote erlaubt.
Der Molveno-See und der gleichnamige Ort bildeten einst die Wiege des Trentino-Tourismus. Im Jahr 1900 wurde das erste Hotel gebaut, damals kamen vor allem Bergsteiger, die den 2.339 Meter hohen Croz dell'Altissimo bezwingen wollten. Heute kann man bis auf 1.500 Meter mit der Seilbahn fahren.
Der See ist bis zu 120 Meter tief, daher steigt die Wassertemperatur selbst im August nicht über 21 Grad. Eine zweistündige Wandertour rund ums Gewässer führt zu einer römischen Brücke, die sich mittlerweile hinter dichter Vegetation versteckt. Vorbei kommt man auch an fünf kleinen Festungsanlagen, die den Vormarsch von Napoleons Armee abhalten sollte, der zuvor südlich von Trient die österreichische Armee besiegt hatte. Längst strahlt der Ruhm des Sees über die Grenzen des Trentino hinaus. Anstatt wie zuvor auf Maui in Hawaii trafen sich die Triathleten der XTerra-Weltmeisterschaft in den vergangenen drei Jahren am Molveno-See und auf den Trails der Brenta-Dolomiten. Im September 2025 ist es wieder soweit.
Ebenfalls mit 20 Kilometern nicht weit von Trient entfernt liegt der Lago Levico, auch bekannt für seine Therme im Dorf Vetriolo am Berg. Das Heilwasser kommt aus einer Höhe von 1.500 Metern; der österreichische Kaiser Franz Josef I. erhob die „Levico Terme“ im Jahr 1894 zur Stadt, denn zu dieser Zeit war die Gegend noch Teil der österreich-ungarischen Monarchie. Schon damals wurden Flaschen mit Heilwasser nach Berlin und Moskau geliefert.
Während der Lago Levico an seinem Südostufer zwar auch Badestrände bietet, ansonsten aber eher unzugänglich ist, ist der Nachbarsee, der Lago Caldonazzo, der Haus-See der Trienter. Hier, am größten Badesee im Trentino, gibt es die meisten Campingplätze.
Levico- und Caldonazzo-See gehören zu den wärmsten Badeseen der Alpen und sind durch unterirdische Höhlen miteinander verbunden. Den besten Blick auf beide Seen hat man von der Ortschaft Tenna aus, wo viele reiche Trienter einen Zweitwohnsitz haben.
Fast kreisrund und eingebettet von Bergen ist der kleine, türkisblaue Bergsee Tenno oberhalb der vielbefahrenen Uferstraße des Gardasees. Vom nahe gelegenen mittelalterlichen Dorf Canale di Tenno, in dem viele Künstler leben und das zu den schönsten Italiens zählt, hat man auch einen guten Blick auf das so bekannte, wie vor allem im Sommer überlaufene Nordufer des Lago di Garda.
Doch viele Bewohner des Trentino meiden ihn und bleiben lieber im höher gelegenen Teil der Region. Winzer Sartorelli sagt: „Wir leben hier oben paradiesisch schön und haben so viele Seen zur Auswahl, dass ein ganzer Sommer nicht ausreicht, alle zu besuchen.“
Das Reiseziel: Die Provinz Trentino liegt südlich von Südtirol in Oberitalien. Anfahrt: Von München fahren Direktzüge nach Trient; bahn.de. Die nächsten Flughäfen sind Verona, Bergamo, Bozen und Venedig. Wer mit dem Auto kommt, ist ab München rund vier bis viereinhalb Stunden unterwegs. Übernachtung: Übernachtung im Doppelzimmer in Drei-Sterne-Hotels ab 90 Euro die Nacht, im Vier-Sterne-Hotel ab 185 Euro die Nacht. Reisezeit: Zum Baden sind die Monate Mai bis Ende September am besten.Weiterführende Informationen: visittrentino.info
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