Die apokalyptische Wohlfühlgeschichte „The Life of Chuck“ von Regisseur Mike Flanagan ist der Siegerfilm beim 49. Toronto International Film Festival (TIFF). Die Adaption einer Kurzgeschichte von Stephen King mit Tom Hiddleston in der Hauptrolle begeisterte das Publikum der kanadischen Metropole, das traditionell anstelle einer Jury den Gewinner wählt.
Der zweite Platz ging an die musikalische Krimikomödie „Emilia Perez“ von Regisseur Jacques Audiard mit Zoe Saldana und Selena Gomez in den Hauptrollen. Sean Bakers Tragikomödie „Anora“ kam auf Platz drei.
Charmant wie unheimlich bleibt „The Life of Chuck“ weit entfernt vom Horror-Genre, in dem Flanagan mit Verfilmungen wie „Das Spiel“ oder „Ouija: Ursprung des Bösen“ Erfolge gefeiert hat. Das Sci-Fi-Drama ist stattdessen eine bewegende Geschichte darüber, den Rhythmus und die Magie des Lebens zu finden. Erzählt in umgekehrter chronologischer Reihenfolge beginnt der Film mit dem Ende: Die Welt steht vor dem Zusammenbruch.
Inmitten von Phänomenen wie riesigen Erdlöchern und Stromausfällen tauchen plötzlich überall Anzeigen auf, in denen Charles „Chuck“ Krantz (Hiddleston) für „39 großartige Jahre“ gedankt wird. Die Kampagne stellt die von Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan und Carl Lumbly gespielten Bewohner einer amerikanischen Kleinstadt vor ein Rätsel – denn niemand weiß, wer Chuck ist.
Langsam entblättert der Film das Leben eines Mannes, der inmitten einer Tragödie geboren wurde und umgeben von Liebe sowie Mittelmäßigkeit aufwuchs. Auch Chuck selbst steht am Ende seines Lebens: Er leidet an einem Hirntumor. Der Rückblick auf das Leben des liebenswerten, fröhlichen Buchhalters wird von Flanagan mit Ausbrüchen von makaberem und surrealem Humor gewürzt – inklusive einer umwerfenden siebenminütigen Tanzsequenz von Hiddleston.
Der Regisseur reagierte mit Euphorie auf den Festivalgewinn: „Mein Herz tanzt“, schrieb Flanagan auf dem Kurznachrichtendienst X. „Ich bin absolut überwältigt von diesem Erfolg. Vielen Dank an das Publikum, das Chuck sein Herz geöffnet hat.“ Schriftsteller King sendete seine Glückwünsche an den „Überraschungsgewinner“. „Ich freue mich so sehr für Mike Flanagan und seine talentierte Schauspieltruppe“, schrieb der Autor auf X.
Als besten Dokumentarfilm wählten die Zuschauer „The Tragically Hip: No Dress Rehearsal“. Der Film dokumentiert die Geschichte sowie das letzte Konzert der kanadischen Band vor dem Tod von Leadsänger Gord Downie, der im Alter von 53 Jahren an Krebs starb. Regie führte dessen Bruder Mike Downie. Coralie Fargeats „The Substance“ mit Demi Moore in der Hauptrolle wurde in der Sektion Midnight Madness, die den Genrefilmen gewidmet ist, geehrt.
Bei dem zehntägigen Filmfest in Toronto konkurrierten über 250 Filme um die Gunst der Zuschauer. Anders als bei Festivals wie Cannes oder Venedig wird in Toronto der Gewinnerbeitrag nicht von einer Jury, sondern vom Publikum gewählt.
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