Die Furcht, dass Maschinen die Menschheit unterwandern, ist seit fast 100 Jahren ein populäres Filmmotiv. Schon 1927 in Fritz Langs „Metropolis“ trat ein Maschinenmensch auf. Filme wie „Blade Runner“, „Terminator“, „I, Robot“ oder das leider kaum beachtete Science-Fiction-Drama „The Creator“ setzten sich mit möglichen Risiken der künstlichen Intelligenz auseinander. Aufgrund der rapiden technologischen Entwicklungen - Stichwort: Künstliche Intelligenz - ist das Thema aktueller denn je.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Filmen spielt die Netflix-Produktion „The Electric State“ (Start: 14. März), die auf der gleichnamigen Graphic Novel von Simon Stålenhag basiert, nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. „Wir haben in diesem Film eine alternative Version der 90er erschaffen“, erklärt Chris Pratt („Avengers: Endgame“), der neben Millie Bobby Brown („Stranger Things“) die Hauptrolle spielt, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Aber für jeden, der diese Zeit miterlebt hat, fühlt es sich wirklich nostalgisch an.“
In dieser fiktiven Vergangenheit proben niedliche Roboter den Aufstand gegen die Menschen. Schuld an allem ist in dieser Geschichte Walt Disney. Seine Roboter, die einst für sein Disneyland entwickelt wurden, haben sich als so nützlich erwiesen, dass sie in allen Bereichen des Lebens eingesetzt werden. Doch sie entwickeln ein Bewusstsein und Gefühle und fordern Rechte für Roboter. Das führt zum Krieg, den die Menschen gewinnen.
Die meisten Roboter werden daraufhin in ein Sperrgebiet verbannt - den dystopischen „Electric State“. Die Welt ist auch im Lebensraum der Menschen ein düsterer Ort. Überall sind Spuren des Krieges zu sehen, liegen die Überreste riesiger Kampfmaschinen herum. Die Menschen verbringen die meiste Zeit mit einem sogenannten Neurocaster auf dem Kopf. Mit diesem Gerät, das wie ein Helm aussieht, flüchten sie sich in eine virtuelle Realität und vernachlässigen das echte Leben.
„Wir machen uns Sorgen darüber, wie Technologie die Welt verändert“, sagt Joe Russo, der wie gewohnt mit seinem Bruder Anthony Regie führte. „Der Film setzt sich mit diesen Themen auseinander, ohne Technologie zu verteufeln – schließlich bringt sie uns viele Vorteile. Aber er stellt auch einige kritische Fragen dazu.“ Die Komplexität der literarischen Vorlage erreicht der Film allerdings zu keiner Zeit.
Michelle (Millie Bobby Brown) ist eine Außenseiterin, die sich der virtuellen Welt verweigert. Nachdem sie ihre Familie bei einem Autounfall verloren hat, lebt sie bei einem Pflegevater, der nur selten seinen Neurocaster abnimmt. Eines Tages wird Michelle zu Hause von einem kleinen, freundlichen Roboter namens Cosmo überrascht. Cosmo weiß Dinge, die nur Michelles Bruder wissen kann. Der Roboter bittet sie, ihn in das Sperrgebiet zu begleiten.
Zusammen mit dem exzentrischen Schmuggler Keats (Chris Pratt mit schlimmer Frisur) und dessen wandlungsfähigem Roboterfreund begeben sie sich auf einen gefährlichen Trip durch ein zerstörtes Amerika. Sie begegnen bösartigen und freundlichen Maschinen und ergründen, wie und warum die moderne Technologie den Niedergang der Gesellschaft befeuert - und welche Verantwortung die Menschen dafür tragen.
In weiteren Rollen spielen Stanley Tucci, Giancarlo Esposito und Oscar-Gewinner Ke Huy Quan („Everything Everywhere All At Once“). Aber die Stars des Films sind die fantasievollen Roboter, die nicht nur aus dem Computer stammen, sondern auch mit Bewegungen von echten Menschen animiert wurden, um den Schauspielern die Arbeit zu erleichtern. „Die meiste Zeit hatten wir jemanden, mit dem wir gespielt haben“, sagt Pratt, „sodass wir echte menschliche, emotionale Momente beim Dreh erzeugen konnten.“
Visuell und atmosphärisch erinnert der Film an das Popcorn-Kino der 1980er Jahre. „Wir haben uns stark von diesen Filmen inspirieren lassen“, betont Anthony Russo im dpa-Interview. „Wir lieben es, wenn große, komplexe Science-Fiction-Themen mit einer sehr persönlichen, emotionalen Charaktergeschichte verbunden werden.“ Auch die Animationsfilme von Pixar hätten sie beeinflusst, sagt Russo.
„The Electric State“ ist voller nostalgischer Anspielungen von Spielsachen über Pophits der 80er und 90er bis zu den originellen Robotern. Die gelungene Filmmusik von Altmeister Alan Silvestri („Zurück in die Zukunft“) trägt ebenfalls zur nostalgischen Atmosphäre bei. Das macht den Science-Fiction-Film, obwohl er etwas oberflächlich und klischeebeladen ist, zu einem kurzweiligen Streaming-Vergnügen.
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