Nicht umsonst heißt die Toilette «stilles Örtchen» - über das, was dort passiert, redet man nicht. Höchstens mit dem Arzt, wenn einem komisch vorkommt, was unten rauskommt.
Die Fachleute auf diesem Gebiet heißen Gastroenterologinnen und Gastroenterologen. Sie wissen: Der «Stuhl», wie er genannt wird, gibt einigen Aufschluss über seinen Produzenten.
Prof. Heiner Wedemeyer ist Direktor der gastroenterologischen Klinik an der Medizinischen Hochschule Hannover. Er erklärt, was beim Stuhlgang normal ist und wann man zum Arzt sollte.
Zum einen ist er Hinweis auf das, was wir gegessen haben, oder auf Krankheiten. Zum anderen hat jeder Mensch ein eigenes Stuhl-Mikrobiom, also eine bestimmte Zusammensetzung von Bakterien im Darm. Die ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, beim Einzelnen aber relativ konstant und kommt auch wieder.
Wenn also jemand zum Beispiel eine Darmspiegelung hatte und den Darm einmal komplett entleert hat, bildet sich im Verlauf die gleiche Bakterienzusammensetzung neu, die er vorher hatte.
Als Gastroenterologen schauen wir beim Stuhl auf mehrere Dinge: auf die Häufigkeit, die Konsistenz, die Farbe und den Geruch. Auch die Stuhlmenge kann von Bedeutung sein. Alles kann durch die Nahrung beeinflusst sein, aber eben auch durch Entzündungen, Infektionen, andere Erkrankungen oder Allergien.
Als Arzt gucke ich mir die Patienten genau an und arbeite alles systematisch ab: Wie sieht der Stuhl aus und sind andere Symptome vorhanden? Was essen die Patienten, was nehmen sie ein? Es ist meist eine Detektivarbeit, die sich aber häufig lohnt. Denn eine gute Aufarbeitung dieser Fragen hat in vielen Fällen eine Konsequenz für Diagnostik und Therapie.
Auf lange Sicht gesehen ist es gut, ein- bis zweimal täglich Stuhlgang zu haben. Manchmal kommen Patienten zu mir und sagen: «Ich habe Durchfall.» Wenn ich sie frage, wie oft sie zur Toilette müssen, sagen sie: «Einmal am Tag.» Dann sage ich ihnen, dass das formal kein Durchfall ist. Durchfall ist so definiert: Ich muss mehr als dreimal am Tag zur Toilette und der Stuhlgang ist in der Regel dünner.
Andersrum ist es keine Katastrophe, wenn ich nicht jeden Tag zur Toilette muss. Manche Menschen haben seit vielen Jahren nur jeden dritten Tag Stuhlgang. Das ist auch in Ordnung. Bei allem, was länger ist, sollte man schon seinen Arzt befragen, weil sich hinter chronischer Verstopfung Krankheiten verbergen können.
Gesunder Stuhl ist braun. Seine charakteristische Farbe bekommt er durch die Gallenfarbstoffe, die im Darm sind und die von den Darmbakterien umgebaut werden. Wenn bei Krankheiten der Gallenfluss gestört ist, also zum Beispiel durch eine Lebererkrankung oder durch einen Gallenstein oder Tumor, dann wird der Stuhl hell, er entfärbt sich.
Sehr dunkel kann Stuhl dagegen durch Blut werden, was zum Beispiel aus dem Magen kommen kann. Bestimmte bakterielle Infektionen können ihn wiederum grün färben und führen oft gleichzeitig zu einem sehr übel riechenden Stuhl.
Natürlich können aber auch Nahrungsmittel die Farbe direkt verändern. Wenn ich also viele Karotten esse, kann der Stuhl etwas orange aussehen. Wenn ich viel Fleisch esse, ist er eher dunkler. Isst man größere Mengen Spinat, kann er etwas grünlich werden.
Ist der Stuhl komplett entfärbt, muss man zum Arzt gehen. Punkt. Weißer Stuhl, ganz hell, vielleicht sogar kombiniert mit einer Gelbfärbung der Augen - damit sollte man ganz schnell zum Arzt und auch nicht abwarten.
Auch wenn ich schwarzen Stuhl habe, den sogenannten Teerstuhl, ohne dass ich zum Beispiel massig Blaubeeren gegessen habe, sollte ich direkt zum Arzt gehen. Denn das kann ein Hinweis auf eine größere Blutung sein, erst recht, wenn es verbunden ist mit Abgeschlagenheit, Schwindel und schnellem Puls.
Bei leicht grünlichen oder gelblichen Stuhl dagegen kann man auch mal zwei, drei Tage abwarten, solange man nicht schweren Durchfall oder andere Signale hat. Die Stuhlfarbe ist wichtig, aber meist gilt: Wenn etwas Schlimmes dahintersteckt, dann hat man auch noch andere Symptome wie Fieber, gelb gefärbte Augen, Schmerzen, Durchfall oder Gewichtsverlust.
Er sollte weich geformt sein. Ist der Stuhl flüssiger oder wässriger, kann das vereinzelt vorkommen. Ist das aber dauerhaft so, muss man weiterschauen: Ist er nur wässrig oder sind da richtige Fettaugen drin? Das kann zum Beispiel daran liegen, dass die Bauchspeicheldrüse nicht richtig arbeitet. Es kann auch eine Infektion vorliegen oder eine Nahrungsmittelallergie.
Auf der anderen Seite kann eine chronische Verstopfung mit hartem Stuhl ein Hinweis auf einen frühen Darmkrebs sein.
Das kann durchaus für einige Medikamente der Fall sein, von Parkinson- über Zuckermedikamente bis hin zu vielen anderen. Manchmal beeinflusst der Wirkmechanismus die Stuhlfrequenz, manchmal sind es auch die Trägerstoffe in der Pille. Wichtig ist: Nehme ich ein neues Medikament und stelle akut oder in den nächsten fünf bis sieben Tagen unangenehme Änderungen in meinem Stuhlgang fest, sollte ich meinen betreuenden Arzt darauf ansprechen.
Besonders bei älteren Menschen entwickelt sich oft ein Kreislauf. In einer Reha oder im Krankenhaus wird vielleicht ein neues Medikament verschrieben und kurz darauf haben sie mehrmals am Tag flüssigen Stuhl. Aus Sorge vor dem Durchfall essen sie dann vielleicht kaum noch etwas. Daher sollte der betreuende Arzt gezielt auf solche neuen Medikamente hingewiesen und Veränderungen sollten benannt werden.
Das ist ein wunderbares Instrument, um die Vorsorgekoloskopie, also die Darmspiegelung, zu ergänzen. Es ist ein einfach durchzuführender und hochsensibler Test, der geringe Mengen Blut im Stuhl entdeckt. Gerade auch, wenn ich ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs habe, weil er etwa in meiner Familie schon vorkam, ist dieser Test sehr sinnvoll.
Prof. Heiner Wedemeyer ist Direktor der gastroenterologischen Klinik an der Medizinischen Hochschule Hannover und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
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