Die öffentliche Schwärmerei von Thomas Tuchel für den spanischen Fußball wäre in normalen Zeiten eine Randnotiz geblieben. Doch normal ist im Trainergeschäft nichts mehr, seit Jürgen Klopp beim FC Liverpool und Xavi Hernández beim FC Barcelona innerhalb von 36 Stunden ihre Rücktritte zum Saisonende angekündigt haben.
Die baldige Besetzung von zwei der begehrtesten Trainerstühle im europäischen Fußball sorgt schon jetzt für wilde Spekulationen und wird noch einen Domino-Effekt bei anderen Clubs auslösen.
Mittendrin in diesem Beben sind Coaches aus Deutschland wie Tuchel, Julian Nagelsmann, Hansi Flick und Xabi Alonso. Selbst ein Szenario, bei dem alle vier Top-Trainer ab Sommer einen neuen Job haben, ist nicht unrealistisch.
Laut Medienberichten soll Bayer Leverkusens Erfolgscoach Alonso ein Top-Kandidat auf die Klopp-Nachfolge bei den Reds sein, für die er einst als Spieler große Erfolge gefeiert hatte. Auch Bundestrainer Nagelsmann habe demnach Außenseiterchancen. Ein Wechsel zu Barça dürfte für Alonso als früherer Profi von Erzrivale Real Madrid zumindest aktuell ausgeschlossen sein.
Die Vergangenheit als Spieler wäre für Flick kein Problem, die Sprachbarriere schon eher. Dennoch bringt ihn die „Bild“ als Kandidat beim spanischen Meister ins Gespräch, angeblich würde vor allem Barça-Präsident Joan Laporta den Ex-Bundestrainer sehr schätzen.
Doch die Konkurrenz ist groß: Offenbar stehen in Pep Guardiola und Luis Enrique auch zwei Trainer auf dem Zettel, die den Club schon zu Champions-League-Siegen geführt haben. Luis Enrique, aktuell mit Paris Saint-Germain in der französischen Liga auf Titelkurs, erklärte darauf angesprochen: „Ich habe zu dem Thema nichts zu sagen.“
Verzwickt ist die Situation bei Nagelsmann. Als er Ende September das Bundestrainer-Amt bis zur Heim-EM übernahm, war der Markt für ambitionierte Fußballlehrer wie ihn noch ein anderer. Durch die zuletzt enttäuschenden Auftritte der DFB-Elf hat der 36-Jährige zudem an Reputation eingebüßt, eine erfolgreiche Europameisterschaft im Juni und Juli könnte das wieder ändern. Womöglich zu spät für Liverpool und Barcelona.
Auf der anderen Seite muss Nagelsmann ab sofort mit einem Schatten-Bundestrainer leben. Viele Fans wünschen sich Klopp nach dessen geplantem Sabbatjahr bei der Nationalmannschaft. „Ich glaube, dass er eine Aufgabe braucht, wo er etwas machen kann, was er noch nicht gemacht hat“, sagte Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann dem TV-Sender Sky und brachte neben der deutschen auch die brasilianische Nationalmannschaft ins Gespräch.
Bei der ebenfalls kriselnden Seleção hat kürzlich Dorival Júnior übernommen, weil der eigentliche Top-Kandidat Carlo Ancelotti lieber seinen Vertrag bei Real Madrid bis 2026 verlängerte. Allerdings gehen Insider davon aus, dass der Italiener schon 2025 den königlichen Trainerstuhl räumen werde - für Klopp? Es wird wild spekuliert, und dass namhafte internationale Trainer wie Zinédine Zidane, Antonio Conte oder José Mourinho aktuell auf Jobsuche sind, macht die Situation noch unübersichtlicher.
Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt - das musste Tuchel jetzt erneut erfahren. Weil der Bayern-Trainer bei einem Fanclub-Besuch am vergangenen Sonntag allgemein davon sprach, dass ihn das Ausland „auf jeden Fall nochmal reizen“ würde und er die spanische Topliga als „außergewöhnlich“ und den Umgang mit spanischen Spielern als wohltuend lobte, rief das sofort Kritiker auf den Plan.
Hamann nannte die Aussagen „eine Frechheit“, was wiederum die Bayern zu einer öffentlichen Stellungnahme veranlasste: Man werde die unsachlichen und gegen den Trainer gerichteten Aussagen nicht mehr akzeptieren.
Allerdings war der Zeitpunkt der Tuchel-Schwärmerei einen Tag nach Xavis Bekanntgabe seines Rückzugs in Barcelona mindestens unglücklich. Vorstandschef Jan-Christian Dreesen betonte zwar, dass er damit kein Problem habe. Aber sollte die Saison für die Münchner titellos enden, dürfte Tuchels Zeit bei den Bayern abgelaufen sein. Seit Monaten geistert der Name Alonso an der Säbener Straße, der Ex-Bayern-Profi würde vom Profil her sehr gut zum Rekordmeister passen.
Doch in England könnte nicht nur der FC Liverpool den Spanier locken, auch der FC Arsenal muss sich für einen möglichen Abgang seines Trainers Mikel Arteta wappnen. Die spanische Zeitung „Sport“ berichtete, der 41-Jährige denke trotz Vertrags bis 2025 über einen Abschied von den Gunners am Saisonende nach. Arteta soll ein Kandidat bei seinem Jugendclub Barça sein.
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