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Veröffentlicht am 11.05.2023 04:48

Wenn beim Einschlafen der Kopf nicht abschalten will

Das Gedankenkarussell sollte vom Bett ferngehalten werden: Wenn man grübelt und deswegen nicht einschlafen kann, besser aufstehen und etwas anderes machen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Das Gedankenkarussell sollte vom Bett ferngehalten werden: Wenn man grübelt und deswegen nicht einschlafen kann, besser aufstehen und etwas anderes machen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Das Gedankenkarussell sollte vom Bett ferngehalten werden: Wenn man grübelt und deswegen nicht einschlafen kann, besser aufstehen und etwas anderes machen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

„Schon 3 Uhr und ich bin immer noch wach? Ich muss doch in zwei Stunden wieder aufstehen.“ Sätze wie diese sind wohl jedem schon nachts durch den Kopf geschwirrt, wenn das Gedankenkarussell wieder kein Ende findet. Das ist nicht nur nervig, sondern belastet auch den Alltag, wenn man am nächsten Tag müde ist und sich nicht konzentrieren kann.

Eins vorweg: Grübeln ist etwas ganz Normales und muss auch nicht zwingend zum Problem werden. „Jeder Mensch grübelt mal und denkt nach ohne zum Schluss zu kommen.“ Das sagt Prof. Dieter Riemann, Leiter der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg.

Wann Grübeln zum Problem wird

Wichtig ist aber laut dem Psychologischen Psychotherapeuten Markus B. Specht, dass man dieses Grübeln nicht mit ins Bett nimmt. Specht leitet das Zentrum für interdisziplinäre Schlafmedizin der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Denn: So ein Gedankenkarussell kann Schlafstörungen und Leidensdruck verursachen.

Grübeln bedeutet laut Dieter Riemann, dass man in Gedankenschleifen festhängt, die nicht zu einem Ziel oder zu einer Lösung führen. Das Gedankenkarussell dreht sich immer weiter. Die Gedanken sind meistens negativ - Sorgen, Ängste, „Was wäre wenn?“.

Viele Menschen geraten abends und nachts ins Grübeln. Das liegt daran, dass man sich dann im Übergang zum Schlaf befindet, so Riemann. Man ist nicht - wie tagsüber - abgelenkt. So kommen oftmals auch die Themen hoch, die man während des Tages verdrängt hat.

Doch das muss nicht automatisch zu Leidensdruck führen. „Ein Patient meinte mal zu mir, dass er es gut finde, seinen Tag im Kopf Revue passieren zu lassen - und über dieses Revue passieren lassen schlafe er wunderbar ein“, berichtet Markus B. Specht.

Ein Leidensdruck entsteht aber, wenn das Grübeln einen lange und immer wieder beim Einschlafen hindert. Wenn man diese schlaflosen Stunden am nächsten Tag merkt, kann das den Alltag stark einschränken.

Bett und Grübeln voneinander entkoppeln

Doch wie lässt sich das Grübeln beim Einschlafen vermeiden? Es mag einfacher klingen, als es ist. Aber: Der beste Weg ist natürlich, dass man das Gedankenkarussell erst gar nicht mit ins Bett nimmt.

So kann man sich zum Beispiel eine gewisse Zeit vor dem Schlafengehen hinsetzen und darüber nachdenken, was einen beschäftigt und was einem aktuell Probleme bereitet. Es kann auch helfen, diese Gedanken aufzuschreiben.

Ein weiterer Tipp: Wenn man im Bett liegt und sich das Gedankenkarussell zu drehen beginnt, sollte man besser aufstehen und etwas anderes machen. Es kann schon helfen, sich auf die Couch zu setzen und dort zu grübeln. „Man muss diese Kopplung zwischen Grübeln und Bett unterbrechen, denn das Bett ist nur zum Schlafen da“, sagt Markus B. Specht.

Eine etwas radikalere Methode: mal eine Nacht durchmachen. Wenn man dann am nächsten Abend ins Bett geht, wird der Körper laut Specht so schläfrig sein, dass das Einschlafen dann leichter fällt. Von dieser Methode ist aber dringend abzuraten, wenn man zum Beispiel am nächsten Tag Auto fahren muss.

Die richtige Methode zum Einschlafen finden

Außerdem kann man sich verschiedener Techniken bedienen, die beim Einschlafen helfen können. „Man muss da selbst ausprobieren, ob es eine Technik oder eine Methode gibt, mit der ich entspannen und diese Grübelgedanken ein bisschen abschalten kann“, sagt Specht.

So können manche Menschen gut entspannen, wenn sie lesen oder Hörbücher hören. Das kann auch gegen das Grübeln gut funktionieren, weil man dann abgelenkt ist und sich gar nicht auf die Gedanken konzentrieren kann.

Laut Riemann sollte man sich selbst nicht stressen, denn so verschlimmert man die Lage eventuell. Wer nachts andauernd auf die Uhr schaut, macht sich nur zusätzlich Druck, unbedingt einschlafen zu müssen.

Was man sich auch klarmachen kann: Es ist nicht schlimm, mal etwas weniger Schlaf zu bekommen als sonst. „Versuchen Sie mit solchen positiven Gedanken dagegen anzukämpfen: „Nein, nicht jeder Mensch braucht acht Stunden Schlaf und gestern habe ich vielleicht auch nicht so gut geschlafen und bin trotzdem gut zurechtgekommen““, sagt Dieter Riemann.

Abstand von Bildschirmen nehmen

Markus B. Specht rät außerdem eher davon ab, zum Einschlafen fernzusehen oder auf andere Bildschirme zu schauen. Das sind zu viele Eindrücke kurz vor dem Schlafengehen. Auch wenn sie beim Einschlafen vielleicht helfen, ist der Schlaf dann weniger entspannend, weil das Gesehene das während des Schlafens verarbeitet wird.

Abstand nehmen darf man auch von dem Gefühl, permanent online sein zu müssen. Tagsüber ist man schon so viel damit beschäftigt, Nachrichten zu beantworten oder zu telefonieren, da sollte man nachts abschalten können. „Wenn ich das Handy am Bett liegen habe und es vibriert immer, wenn eine Botschaft reinkommt, dann ist das natürlich auch etwas, was mich vom Schlaf abhält“, so Dieter Riemann.

Dann sollten Sie sich Hilfe holen

Laut Riemann sollte man immer daran denken: Hinter dem Grübeln kann auch eine Depression stecken, und die sollte auf jeden Fall schnell behandelt werden. Wer den Verdacht hat, sollte ihn mit dem Hausarzt oder der Hausärztin besprechen.

Offiziell spricht man von einer Insomnie, wenn die Schlafprobleme drei Monate anhalten, mindestens dreimal pro Woche auftreten und wenn man sich tagsüber dadurch beeinträchtigt fühlt. Das heißt aber nicht, dass man nicht schon früher ärztliche Hilfe suchen kann, so Riemann.

© dpa-infocom, dpa:230510-99-637732/2


Von dpa
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