Souveräner Triumph im Einer, kein Schiffbruch im Achter - ein versöhnlicher Schlussakkord hat die deutschen Ruderer bei der WM in Belgrad vor weiterem Imageschaden bewahrt.
Nur wenige Minuten nach dem dritten WM-Titel von Ausnahmekönner Oliver Zeidler nach 2019 und 2022 bewies auch der Deutschland-Achter Nervenstärke. Der fünfte Platz im Endlauf ebnete der Crew um Schlagmann Mattes Schönherr den direkten Weg nach Paris 2024 und ersparte die knifflige olympische Nachqualifikation. „Das war das beste Rennen der Saison. Super, wie die Jungs mit dem immensen Druck umgegangen sind“, lobte Trainerin Sabine Tschäge die Leistungssteigerung des Teams, „wir haben gesehen, dass wir im Ensemble der Weltspitze mitspielen können.“
Für den aus deutscher Sicht ultimativen WM-Höhepunkt sorgte jedoch der alte und neue Skiff-König Zeidler. In beeindruckender Manier verwies der 27 Jahre alte Titelverteidiger den Niederländer Simon Van Dorp und den Neuseeländer Thomas Mackintosh auf die Plätze zwei und drei. Damit ging das lange Warten auf die erste DRV-Medaille in den 14 olympischen Wettkampfklassen zu Ende.
Erst nach kurzer Pause fand der mit Kreislaufproblemen kämpfende Münchner den Weg zur Siegerehrung. „Drei Weltmeistertitel, das ist schon ganz ordentlich. Ich bin sehr, sehr stolz“, kommentierte er seinen Parforceritt über den Ada-See. Erstmals bei dieser WM war der Ausnahmekönner am Ende mächtig gefordert, wehrte aber die Angriffe seiner Kontrahenten ab. „Wir haben heute eine große Schlacht gesehen. Gut, dass der Vorsprung aus den ersten 1000-Metern ausgereicht hat“, sagte Vater und Trainer Heino Zeidler.
Mit ähnlich mutiger Strategie wie Zeidler versuchte auch der Achter sein Glück. Anders als beim verhaltenen Auftritt im Vorlauf wagte das Team einen schnellen Start, blieb bis zur 1000-Meter-Marke gar auf Augenhöhe mit den Favoriten und bewies im Schlussspurt bemerkenswertes Stehvermögen. Der undankbare sechste Platz ging deshalb an die Amerikaner, die das DRV-Team im Vorlauf noch mit über fünf Sekunden Vorsprung geschlagen hatten.
Ein Schreckensszenario wie 2000 in Sydney, als das DRV-Paradeboot letztmals einen olympischen Startplatz verpasst hatte, konnte damit abgewendet werden. Schlagmann Schönherr machte aus einer Erleichterung keinen Hehl: „Wir haben die Flucht nach vorne gesucht und waren mitten drin im Geschehen. Hinten raus ging noch mal ein Ruck durch die Mannschaft.“
Die beherzten Auftritte im Einer und Achter konnten jedoch nicht über die stagnierende Entwicklung im DRV hinwegtäuschen. Neben diesen beiden Booten war nur und Männer-Doppelvierer (Rang 6) in den Finals der olympischen Klassen vertreten. Beim Kampf um olympischen Startplätze erreichte die DRV-Flotte zwar mit sechs Booten das Minimalziel, ließ aber kaum Fortschritte erkennen. In Tokio waren sieben deutsche Boote dabei. „Damit sind wir im Limit und haben das geschafft, was wir uns vorgenommen haben. Dass wir noch mit einigen Booten in die Nachqualifikation müssen, war klar“, befand Brigitte Bielig. Die besten Chancen auf weitere olympische Startplätze räumt die Cheftrainerin dem leichten Männer-Doppelzweier und dem Frauen-Achter ein.
Mehr WM-Medaillen gab es in den nichtolympischen Bootsklassen und im Para-Rudern. Der leichte Frauen-Zweier und der leichte Männer-Doppelvierer gewannen Silber. Dritte Plätze gab es für Paul Umbach im PR2-Einer und den PR3 Mixed Vierer mit Steuerfrau.
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