Die Drachenlord-Szene hatte für Samstag wieder zum Schanzenfest geladen, zur Winteredition. Tausende sollten wieder zum ehemaligen Wohnort des Youtubers „Drachenlord”, zur Schanze in den Emskirchener Ortsteil Altschauerberg pilgern. Aber die Veranstaltung stößt auf wenig Interesse: Rund 50 Personen machen sich auf – und kommen nicht weit.
Treffpunkt soll einmal mehr der Rewe-Parkplatz in Emskirchen (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) sein. Während sich dort bei der Sommeredition im August noch Tausende Menschen tummelten, prägen diesmal Polizeibusse das Parkplatz-Bild. Viele schaffen es gar nicht bis zum Supermarkt, Beamte drehen mit zahlreichen Polizeiautos ihre Runden durch Emskirchen und Altschauerberg, kontrollieren Fahrzeuge und Personen. Vereinzelt, sagt Christian Seiler, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, werden auch Platzverweise erteilt.
Über 100 Menschen kontrolliert die Polizei an diesem Samstag rund um Emskirchen – diese Zahlen seien aber leicht verfälscht, weil einige gleich mehrfach angehalten werden. Seiler schätzt die Teilnehmerzahl zwischen 25 und 75. Schon am Emskirchener Bahnhof erwarten Polizisten die jungen Männer, die von Alter und Kleidung her womöglich angereist sein könnten, um am Schanzenfest teilzunehmen. Der Besuch bei der Oma als Anreiseargument überzeugt da kaum. Sie werden angesprochen und direkt wieder nach Hause geschickt.
Ein ähnliches Bild herrscht auch am Emskirchener Rewe-Markt: Sobald ein Fahrzeug mit ortsfremdem Kennzeichen und passenden Passagieren auf den Parkplatz rollt, dauert es nur wenige Sekunden, bis zahlreiche schwarz gekleidete Polizisten das Kennzeichen fotografieren und Personalien aufnehmen – und den Gästen gleich wieder die Ausfahrt zeigen. „Wahnsinn, die Polizeipräsenz hier heute”, sagt eine Frau auf dem Parkplatz. So mancher legt da gleich einen Sprint für den Einkaufswagen hin, um die Kontrolle zu umgehen. Und natürlich sind die Österreicher aus Kufstein heute nur zum Weihnachtseinkauf nach Emskirchen gefahren.
Diese Aktionen wirken: In Altschauerberg selbst bleibt es ruhig. Die Polizei ist gleich an der Kreuzung in den Ort hinein sehr präsent, die Reiterstaffel sichert den Weg durch den Wald ab, der bei den Schanzenfesten zuvor gerne als Route zum Zielort diente. Letztlich fahren zwar einige Autos mit ortsfremden Kennzeichen durch Neuschauerberg, an der Schanze und am Feuerwehrhaus (bei der letzten Schanzenfest-Edition Treffpunkt für die Menschenscharen) kommt aber keinerlei Unruhe auf.
Im Gegenteil: Die Ortsjugend bereitet ganz entspannt das Feuer für die Wintersonnenwende samt kleinem Fest am Abend vor, schichtet einen Holzhaufen und scherzt. Daneben stehen zahlreiche Polizeiautos. Die Beamten haben an diesem Samstag aber wirklich alles bestens im Griff. Auch Emskirchens Bürgermeisterin Sandra Winkelspecht und Landrat Dr. Christian von Dobschütz zeigen sich vor Ort erleichtert. Und die Altschauerbergerinnen und Altschauerberger können einen ruhigen Nachmittag verleben, weil die Polizei die Allgemeinverfügung konsequent durchsetzt.
Das ist das erklärte Ziel der Polizei: „Vor allem sind wir heute da, damit die Anwohner ihre Ruhe haben”, sagt Pressesprecher Christian Seiler gleich gegen 14 Uhr (zu dieser Uhrzeit sollte das Schanzenfest beginnen) im Gespräch mit unserer Redaktion. Bahnhof, Supermarkt, der Pfad zur Schanze, das Schauerberger Feuerwehrhaus und die Schanze selbst: „Wir haben alles fest im Blick.”
So endet am Samstagnachmittag die Winteredition des Schanzenfestes. Ein Fest, das im Prinzip nie wirklich begonnen hat. Dabei machten die Anhänger des Drachenlord-Kults davor in einem Video noch großspurige Ankündigungen: „Und dieses Mal soll die Schanze auch wirklich komplett eingenommen werden. Die Ideen dafür klingen wie aus einem absurden Actionfilm. Ein gigantischer Schneeball, so groß wie ein Kleinwagen, soll als Rammbock dienen, um die Absperrungen und Blockaden der Polizei zu durchbrechen.”
Mehrere Gruppen hätten außerdem geplant, Tunnel zu graben, um direkt zur Schanze vorzudringen, „quasi eine Untergrundoffensive”, hatte es in dem Video mit ironischem Unterton geheißen, das direkt nach dem Schanzenfest im August verbreitet worden war. Mit Schlitten, alten Autoreifen und umgebauten Einkaufswagen sollte zudem Schwung genommen werden, um die „Polizeisperren im Vollsprint oder besser gesagt im Vollrutsch” zu durchbrechen. Altschauerberg sollte aussehen wie eine Mischung aus Weihnachtsmarkt, Wintersportevent und mittelalterlicher Belagerung, wurde angekündigt. Doch aus all dem wird nichts: An der Schanze selbst patrouillieren nur Beamte.
Dort erinnert jedenfalls nur noch eine Wand mit Graffiti an den Spuk von damals. Das Haupthaus ist längst abgerissen und als Konsequenz nach dem Schanzenfest im August hatte die Marktgemeinde auch die restlichen Gebäude abbrechen lassen. Damit sind auch die früher beliebten Fotomotive verschwunden. Ist der Hype nun endgültig vorbei?