Wer einen üppigen Blumen- oder Gemüsegarten besitzt oder seinen Balkon liebevoll bepflanzt hat, kann eine längere Reise im Sommer nicht völlig unbeschwert genießen. Denn im Hinterkopf ist immer der Gedanke: Werden die Pflanzen zwei, drei Wochen, womöglich mit Hitzetagen, überstehen? Die gute Nachricht: Mit guter Vorbereitung und der Hilfe von Nachbarn haben sie durchaus Chancen.
„Wer seine Pflanzen im Garten grundsätzlich dazu erzieht, tiefer zu wurzeln und das Wasser aus den unteren Bodenschichten zu nutzen, braucht sich nicht allzu große Sorgen zu machen“, beruhigt Martin Breidbach. Er ist Gartenspezialist beim Verband Wohneigentum in Bonn.
Das erreicht man, indem man nicht routinemäßig jeden Tag ein bisschen, sondern nur nach Bedarf wässert. Ein- bis zweimal in der Woche ist ein guter Richtwert. „Dann aber gründlich, abhängig vom Pflanzenbestand“, rät Jörg Korfhage, Gärtner und Trainer bei der DIY Academy in Köln. Die allgemeine Empfehlung zur Gießmenge liegt bei 15 bis 20 Liter pro Quadratmeter, an heißen Tagen auch mehr.
Auf dem Balkon, wo die Pflanzen in Blumenkästen, Blumentöpfen oder Kübeln gedeihen, sind den Wurzeln durch die Enge und geringe Tiefe der Pflanzgefäße allerdings Grenzen gesetzt. „Deshalb trocknen sie schneller aus. Balkonpflanzen müssen in der Regel öfter gegossen werden als Gartenpflanzen“, sagt Martin Breidbach.
Damit die obere Bodenschicht nicht so schnell austrocknet, empfiehlt es sich, eine drei bis vier Zentimeter starke Schicht aus Mulch oder Grasschnitt aufzubringen. „Vor dem Auftragen der Schicht sollte der Boden gründlich gewässert werden“, sagt Jörg Korfhage. Dann hält sich die Feuchtigkeit lange im Boden.
Ein weiterer Tipp, um die Verdunstung zu reduzieren, ist Hacken. Denn das unterbricht die Kapillare, also die langgestreckten Hohlräume, die beim Versickern von Wasser im Boden entstehen. Hackt man fleißig, kann das Wasser aus dem Boden somit nicht direkt durch diese Hohlräume an die Oberfläche aufsteigen. „Einmal Hacken erspart dreimal Gießen, heißt es. Optimal ist es, Hacken und Mulchen zu kombinieren“, rät Martin Breidbach.
Beachten muss man aber natürlich auch: Nicht alle Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon brauchen die gleiche Menge Wasser. Zitrus- und Olivenbäumchen im Kübel halten zum Beispiel locker eine halbe Woche ohne Gießen durch, während Geranien und Petunien in Balkonkästen einmal oder bei Hitze sogar zweimal täglich gegossen werden müssen. „Sie allesamt routinemäßig jeden Abend zu wässern, wäre der falsche Ansatz“, sagt Jörg Korfhage.
Ohnehin ist es besser, Balkon oder Garten am frühen Morgen statt abends zu wässern. „Über Nacht hält sich ein feuchtes Milieu um die Pflanzen herum, das tut ihnen nicht gut“, sagt Martin Breidbach.
Hilfsbereite Nachbarn neigen dazu, die Pflanzen der Urlauber lieber einmal zu viel als zu wenig zu gießen. „Aber diese Arbeit müssen sie sich wirklich nicht machen“, so Martin Breidbach. „Zu viel Wasser schadet eher. Pflanzen verkraften es besser, einmal abzutrocknen, als ständig im Sumpf zu stehen. Dann faulen die Wurzeln ab und die Pflanze ist nicht mehr zu retten.“
Am besten ist es, sie genau anzuschauen. Wenn eine Pflanze die Blätter hängen lässt, braucht sie Wasser.
Aber es gibt auch technische Hilfsmittel, die die Bedürfnisse der Pflanzen erkennen. Mit Bewässerungssystemen für Balkon und Garten lassen sich problemlos einige Urlaubswochen überbrücken. Sie sind auch darüber hinaus im Alltag hilfreich.
„Am effektivsten und sparsamsten ist die bodennahe Bewässerung. Statt die gesamte Gartenfläche mit Wasser aus Rasensprengern von oben zu benetzen, ist es sinnvoller, das Wasser direkt in den Boden zu geben, wo es gebraucht wird“, sagt Breidbach. Solche Systeme werden auch im professionellen Obst- und Gemüseanbau genutzt. „Sie wässern die Pflanzen nur dann, wenn der Sensor anzeigt, dass der Boden zu trocken ist.“
Für den Balkon oder im Gewächshaus genügen aber oft einfachere Lösungen wie zum Beispiel bauchige oder kegelförmige Tongefäße. Sie werden wenige Zentimeter von der Pflanze entfernt so tief wie möglich in der Erde versenkt und mit Wasser aufgefüllt. „Durch den porösen Ton gelangt das Wasser nach und nach direkt bis in den Wurzelbereich“, erklärt Martin Breidbach. Abhängig von der Pflanzenart und der Behältergröße kann dieses System die Pflanzen ein paar Tage versorgen. Ist es besonders heiß, können auch mehrere Tongefäße eingebracht werden.
Wer keine Tontöpfe hat, kann mit Wasserflaschen ähnliche Ergebnisse erzielen. In den Deckel einer Plastikflasche wird ein Loch gebohrt und die Flasche kopfüber in den Boden gesteckt. Das Wasser sickert dann aus der Flasche in den Wurzelbereich.
Sehen die Pflanzen nach der Rückkehr aus dem Urlaub etwas mitgenommen aus, ist das meist kein größeres Problem. „Auch wenn Gartenpflanzen im Sommer ihr Laub abgeworfen haben, muss das nicht ihr Ende bedeuten“, sagt Martin Breidbach. „Im Gegenteil, das ist eine natürliche Reaktion auf Hitze und Trockenheit. Wenn sie danach genug Wasser bekommen, treiben die Pflanzen wieder aus.“
Auch Blühpflanzen bekommt man oft wieder hin. „Mehrmals gründlich wässern, bis in den grünen Bereich zurückschneiden und leicht düngen“, rät Jörg Korfhage.
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