Für die besten Surfer der Welt hat Teahupo'o magische Bedeutung. Vor dem idyllischen Dorf auf Tahiti bricht im Südpazifik eine der berühmtesten und spektakulärsten Wellen des Planeten. Davon wollen im Sommer auch die Olympischen Spiele profitieren.
Die Wellenreit-Wettkämpfe sollen nicht am französischen Atlantik, sondern mehr als 15.000 Kilometer von Paris entfernt am sagenumwobenen Ort in Französisch-Polynesien stattfinden. Eine Geschichte über Gigantismus, Umweltschutz und Kompromisse.
Im Kern geht es um die Frage: Olympia in einem kleinen Fischerdorf in der Südsee - wie geht das zusammen? Als Pläne für die olympische Infrastruktur dort publik wurden, begehrten Surfer, Fischer und andere Einheimische gegen die Macher auf.
Nicht der Wettkampf als solcher störte, wohl aber ein geplanter Turm aus Aluminium auf dem Korallenriff. Dieser muss Punktrichtern, Fotografen sowie anderen Offiziellen Platz bieten. Nach der ursprünglichen Planung sollte das Gebilde bisher nicht dagewesene Ausmaße annehmen, fest im Riff verankert werden und unter anderem mit einem Abwassersystem sowie Unterwasserleitungen ausgestattet sein. Die Sorge: Das empfindliche Ökosystem könnte geschädigt, der Turmbau negative Auswirkungen auf das Riff, das Leben der Fische und die Welle haben.
Unter anderen die einheimischen Surfer Eimeo Czermak und Matahi Drollet warben für eine Online-Petition, die sich gegen den neuen Turm richtet. „Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass sie diesen Ort für drei oder vier Tage Wettbewerb zerstören“, schrieb Drollet im Oktober auf Instagram.
Ein von ihm geteiltes Video zeigt die Natur, die vielfältige Flora und Fauna des Riffs. Die beeindruckenden Bilder sollen für das Thema sensibilisieren und zeigen, was es zu schützen gilt. Mehr als 160.000 Menschen haben die Petition bereits unterzeichnet.
Dass es einen Turm braucht, bezweifeln die Kritiker nicht. Sie halten nur eine neue Konstruktion, die mehrere Millionen Euro kosten soll, für übertrieben und sehen es so: Wenn ein Holzturm für die Wettkämpfe der WSL Championship Tour - einer Art Weltcup der Surfer mit Stars wie Wellenreit-Legende Kelly Slater oder Tokio-Olympiasieger Italo Ferreira - ausreicht, dann sollte er doch auch für Olympia reichen.
Leon Glatzer denkt da ähnlich. Er finde, „dass der bestehende Holzturm genutzt werden sollte, um neue Schäden am Riff zu vermeiden“, sagte der bisher einzige deutsche Olympiateilnehmer im Wellenreiten der Deutschen Presse-Agentur.
Der 26-Jährige sagte zudem: „Das IOC sollte sich vor Ort den Gegebenheiten anpassen und die Locals respektieren, die gerade dort in einem noch sehr harmonischen Einklang mit der Natur leben. Ich glaube nicht, dass es die Live-Übertragung beeinträchtigt, wenn man dort mit etwas kleinerem Besteck auffährt, was die Organisation und Produktion angeht.“
Und tatsächlich haben die Organisatoren reagiert und ihre ursprünglichen Pläne zumindest angepasst. Der Holzturm könne zwar aus Sicherheitsgründen nicht verwendet werden, dafür aber ein Aluminium-Turm in deutlich abgespecktem Ausmaß. Er soll nur noch neun statt 14 Tonnen wiegen und weniger Menschen Platz bieten.
Weil der Turm nun kleiner wird, müsse für die Fundamente nicht so tief gebohrt werden. Die Korallen sollen weniger geschädigt werden, als von den Gegnern befürchtet. Auch auf den Anschluss ans Trink- und Abwassersystem wollen die Organisatoren verzichten.
Man wolle einen Wettbewerb bieten, „der die Umwelt respektiert, bei dem sich die Spiele an Teahupo'o anpassen und nicht umgekehrt“, hatte das Organisationskomitee zuvor auf dpa-Anfrage mitgeteilt. Der Dialog und die Arbeit mit Umweltverbänden und Anwohnern soll fortgesetzt werden.
Inwiefern diese nun zufrieden sind, ist aber zumindest fraglich. Auch nach den Änderungen unterzeichneten weiter Menschen die Online-Petition für den Holzturm.
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