Albaniens Parlament hat das umstrittene Migrationsabkommen mit Italien erwartungsgemäß ratifiziert. Damit ist der Weg dafür frei, dass das EU-Land Italien in Albanien Flüchtlingslager einrichtet. Nach den Plänen sollen Menschen, die von den italienischen Behörden auf hoher See an Bord genommen wurden, nach Albanien gebracht werden. In den von Italien betriebenen Zentren in dem Nicht-EU-Land werden ihre Asylanträge geprüft und, wenn nötig, schnelle Rückführungen ermöglicht. Der Plan wird von Menschenrechtlern kritisiert.
Zuvor hatten beide Parlamentskammern Italiens das Abkommen gebilligt. Die dazugehörige Absichtserklärung hatten Italiens ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihr sozialistischer albanischer Amtskollegen Edi Rama im November 2023 unterzeichnet. Rama betonte am Donnerstag, es gehe darum, mit der EU „eine Last zu teilen“, deren Tragweite „über die traditionellen (parteipolitischen) Spaltungen von Links und Rechts hinausgeht“. Albanien ist seit 2014 EU-Beitrittskandidat.
Auch das Verfassungsgericht in Tirana hatte den Plan gebilligt. Es befand, dass die in den Zentren gültige italienische Gerichtsbarkeit die Souveränität Albaniens nicht verletze. 30 albanische Parlamentsabgeordnete hatten dies bestritten und geklagt.
Zur ersten Aufnahme von Migranten soll ein von Stacheldraht umzäuntes Zentrum in der Hafenstadt Shengjin an der Adria dienen. Dort soll es die ersten medizinischen Untersuchungen sowie die erste Prüfung der Chancen der Migranten auf Asyl geben. Von dort sollen die Menschen sieben Kilometer landeinwärts in ein Zentrum in Gjader gebracht werden, das Platz für maximal 3000 Menschen gleichzeitig bietet.
Nach Angaben von Meloni sollen dort 36.000 Migranten pro Jahr unterkommen. Die 7,7 Hektar große Anlage umfasst zehn Gebäude. Italien soll beide Zentren verwalten und für die Sicherheit darin zuständig sein. Albanien soll bei der äußeren Sicherheit mitwirken.
Italien wolle dort keine „besonders schutzbedürftigen“ Menschen wie etwa unbegleitete Minderjährige, schwangere Frauen, Menschen mit Behinderung, Senioren oder Opfer von Menschenhandel unterbringen, hieß es aus Rom. Diese Zentren sind auch ausdrücklich nicht für jene Migranten vorgesehen, die per Boot an italienischen Küsten ankommen oder von zivilen Seenotrettern aufgegriffen werden - sondern nur für jene, die von den italienischen Behörden in internationalen Gewässern vor Italien an Bord genommen werden.
Italien trägt dafür alle „direkten und indirekten“ Kosten: Vorgesehen sind 675 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre - davon 142 Millionen Euro in diesem Jahr, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa.
Bereits im November 2023 hatten 15 Menschenrechtsvereine gegen diese Pläne protestiert. Sie bemängelten unter anderem, dass das Vorhaben unrechtmäßige Inhaftierungen beinhalte. Zudem habe Albaniens Regierungschef Rama intransparent gehandelt und dieses Vorhaben nicht vorab öffentlich zur Debatte gestellt.
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