Zum zweiten Mal in diesem Jahr ist der Hamburger Kupferhersteller und Recyclingspezialist Aurubis Opfer eines mutmaßlichen Metalldiebstahls geworden. Der Schaden könnte diesmal einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen. Erst im Juni war bekannt geworden, dass eine Diebesbande bei dem Unternehmen über Jahre edelmetallhaltige Zwischenprodukte gestohlen und damit Erlöse im Wert von rund 20 Millionen Euro erzielt haben soll.
Es sei sehr wahrscheinlich, dass es zwischen den beiden Fällen keinen Zusammenhang gebe, sagte ein Aurubis-Sprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir können es aber auch nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen.“ Vermutungen zum möglichen Täterkreis wollte der Sprecher nicht äußern. Angesichts der „branchenüblich hohen Standards“ bei der Sicherheit, werde aber auch untersucht, „inwieweit interne Täter involviert sind“. Offen ist noch, um welche Metalle es im einzelnen geht. Da der Recyclingbereich betroffen ist, könne es neben Kupfer auch um wertvolle Edelmetalle gehen, sagte der Sprecher der dpa.
Aurubis ist ein führendes Unternehmen für das Recycling von Kupfer, Edelmetallen und anderen Nichteisenmetallen, die sich in den verschiedensten metallhaltigen Konsum- und Gebrauchsgütern wie elektronischen Geräten verbergen. „Wir haben uns darauf spezialisiert, auch aus komplexesten Recyclingrohstoffen werthaltige Metalle zu extrahieren, neu aufzubereiten und wieder in den Wertstoffkreislauf einzuführen“, heißt es in einer Unternehmenspräsentation. Neben Kupfer, Blei, Nickel und Zink fallen im Recycling beispielsweise auch Gold und Silber oder Platin und Palladium an.
Am Donnerstagabend hatte Aurubis mitgeteilt, dass bei der Überprüfung des Metallbestands „erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand sowie bei Sonderproben bestimmter Lieferungen von Einsatzmaterialien im Recyclingbereich Abweichungen festgestellt“ worden seien. Aufgrund dieser Indizien sei davon auszugehen, „dass das Unternehmen Gegenstand weiterer - über die im Juni 2023 veröffentlichten Fälle hinausgehender - krimineller Handlungen geworden ist“. Aurubis hat nach eigenen Angaben das Landeskriminalamt eingeschaltet.
Das Ausmaß des Schadens könne noch nicht sicher festgestellt werden und soll jetzt in einer außerordentliche Inventur der Metallbestände ermittelt werden. Mit dem Ergebnis werde Ende September 2023 gerechnet. Derzeit könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schaden im „niedrigen, dreistelligen“ Millionen-Bereich entstanden sei. Der Schaden werde das Ergebnis des Geschäftsjahres 2022/23 belasten.
Der Prognosekorridor für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 von 450 Millionen bis 550 Millionen Euro könne deshalb nicht gehalten werden. Am Aktienmarkt sorgten die Neuigkeiten für Unruhe bei Anlegern, die Aurubis-Aktie sackte am Freitag bis auf 62,50 Euro ab. Weniger hatten sie zuletzt Anfang November 2022 gekostet.
Auch der Stahlkonzern Salzgitter zog seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr am Freitag zurück. Salzgitter ist mit knapp 30 Prozent größter Einzelaktionär bei Aurubis.
Aurubis ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Anbieter von Nichteisenmetallen und einer der größten Kupferrecycler der Welt. Mitte Juni ließ die Hamburger Staatsanwaltschaft wegen Metalldiebstahls bei Aurubis mehr als 30 Objekte in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hessen durchsuchen. Sechs Männer seien verhaftet worden, teilte die Staatsanwaltschaft seinerzeit mit. Die Beschuldigten und weitere, noch unbekannte Mittäter sollen in unterschiedlicher Tatbeteiligung mehrere Tonnen edelmetallhaltige Nebenprodukte der Kupferproduktion vom Firmengelände gestohlen haben.
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