Ein schöner Sommerabend: Lustige Gespräche, Grillen, ein bisschen Bier und Wein - und dann im Auto nach Hause?
Das kann ein böses Ende nehmen. Gerade wer Alkohol gewohnt ist, unterschätzt oft seinen Promillewert, sagt der Internist Ivo Grebe. Im Interview erklärt der Mediziner, warum das höchst gefährlich werden kann und wie unterschiedlich Alkohol bei verschiedenen Menschen wirkt.
Ivo Grebe: Man könnte sich einen Atemalkoholtester kaufen und im Handschuhfach bereitlegen. Die sind einigermaßen valide. Ohne eine Messung kann man das gar nicht abschätzen. Untersuchungen haben auch gezeigt: Menschen, die nicht regelmäßig Alkohol trinken, überschätzen oft die Wirkung von Alkohol und ihren Promillewert im Blut. Diejenigen, die zu einem schädlichen Gebrauch von Alkohol neigen, reagieren genau umgekehrt. Sie unterschätzen meist ihren Promillewert.
Grebe: Ja, die ist individuell sehr unterschiedlich. Da spielt Gewöhnung eine Rolle. Manchmal liest man von Autofahrern, die mit 1,8 Promille oder ähnlichen Werten am Steuer erwischt wurden. Das sind Menschen, die eine lange Alkoholanamnese haben, die also schon so daran gewöhnt sind, dass sie auch dann noch irgendwie funktionieren können. Das ist natürlich höchst gefährlich, weil die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit bei ihnen sehr getrübt ist, sie das selbst aber nicht so einschätzen.
Wer nicht regelmäßig trinkt, würde mit einem Wert von 1,8 Promille wahrscheinlich irgendwo in der Ecke liegen und überhaupt nicht mehr in der Lage sein, ein Auto zu betreten.
Grebe: Wenn jemand - unabhängig vom Geschlecht - 0,3 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein trinkt und dann für den Abend Schluss macht, ist man im Allgemeinen auf der sicheren Seite. Alles, was darüber liegt, bewegt sich in einer Grauzone. Denn es hängt von vielen Faktoren ab, wie Alkohol im Körper verarbeitet und abgebaut wird, unter anderem vom Geschlecht, der genetischen Disposition, von der Zubereitung des Alkohols und auch davon, was man dazu isst.
Und dazu kommt eben, dass die Wirkung sehr unterschiedlich ist. Manche sagen: „Ich trinke einen Schluck und dann bin ich schon irgendwie nicht mehr bei mir.“ Dann sollte man natürlich nur fahren, wenn man gar nichts getrunken hat – was auch generell ratsam ist.
Abgesehen davon, und das muss man abschließend einmal klar sagen, ist Alkohol ein Zellgift und immer schädlich für den Körper.
ZUR PERSON: Dr. Ivo Grebe ist Facharzt für Innere Medizin in Aachen und Vorstandsmitglied im Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten.
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