Es ist wieder die Zeit, in der Festival-Fans auf die Äcker und Wiesen strömen - mit XXL-Rucksack, Campingstuhl unter dem Arm und viel Vorfreude auf ausgelassene Feierei im Herzen.
Genau die wird im Laufe eines Festivals gerne mal getrübt, weil kleinere oder größere Wehwehchen auf die Stimmung schlagen. Sieben typische Fälle - und was dann hilft:
Wer stundenlang in der prallen Sonne tanzt, chillt und vor allem: schwitzt, muss damit rechnen, dass der Kreislauf schlappmacht.
Rettungssanitäterin Tamara Sperber ist ehrenamtlich für die Malteser bei Festivals im Dienst. „Viele haben Kopfschmerzen oder Schwindel, wenn sie zu viel in der Sonne waren. Teilweise kommt es auch zu Übelkeit und Erbrechen, Fieber“, berichtet sie. Mitunter entsteht auch ein Ohrensausen. All das zeigt, dass der Kreislauf auf dem Weg zum Kollaps ist - und Handlungsbedarf besteht.
Dann gilt: ab in den Schatten und viel trinken. Besteht der Verdacht auf einen Hitzschlag oder Sonnenstich, ist das ein Anlass für einen Besuch im Sanitätszelt. Ohnehin gilt: „Immer wenn man sich unsicher ist oder das Gefühl hat, man braucht Hilfe, sollte man sich trauen, zu uns zu kommen“, sagt Tamara Sperber. „Dafür sind wir da.“
Am besten kommt es gar nicht erst so weit. Die Sanitäterin rät, genug zu trinken und zu essen - und das Festival-Outfit um eine Cap und einen Hut zu ergänzen, um den Kopf vor der Sonne zu schützen. „Und immer mal wieder hinsetzen, nicht die ganze Zeit stehen. Es ist natürlich für den Körper viel anstrengender, wenn er immerzu das Blut aus den Füßen hochpumpen muss.“
Kein Bier vor vier? Eine „Regel“, die viele Festival-Fans brechen. Was so mancher am nächsten Morgen durchaus bereut, wenn er mit dröhnendem Kopf aufwacht.
Wer jetzt keinen halben Festivaltag an den Kater verlieren will, kann versuchen, ihn in den Griff zu bekommen. Vorsorglich packen Fans am besten jeweils Mittel gegen Kopfschmerzen und Übelkeit in ihre Festival-Apotheke.
Alkohol entzieht dem Körper nicht nur Wasser, sondern auch wichtige Mineralstoffe. Beides sollte man nachlegen. Helfen können nun Elektrolytpulver aus der Apotheke. Doch auch eine Banane oder eine Laugenbrezel, begleitet von Mineralwasser, ist ein gutes Katerfrühstück, so die Landesapothekerkammer Hessen.
Um einen Kater von Vorneherein zu vermeiden, gibt es nur einen Weg: Maß halten beim Alkoholkonsum. Und: „Schon morgens viel Wasser trinken und auch zwischendurch immer wieder“, rät Sanitäterin Tamara Sperber.
Wer sich am Morgen von der Luftmatratze erhebt, hat womöglich das Bedürfnis, erstmal seine Knochen zu sortieren, während auf dem Gaskocher der erste Kaffee des Tages brüht.
Ein guter Zeitpunkt, den fiesen Verspannungen im Rücken mit leichten Dehnübungen etwas entgegenzusetzen. „Man kann sich im Stehen nach vorn beugen und versuchen, die Zehen mit den Händen zu erreichen“, sagt der Neurochirurg Munther Sabarini von der Avicenna Klinik in Berlin. Das kann man mehrmals wiederholen und dabei mit dem hängenden Oberkörper auch mal nach links oder rechts pendeln.
Dem verspannten Rücken können Festival-Fans übrigens auch schon Aufmerksamkeit schenken, während sie noch auf der Luftmatratze liegen. „Man kann die Knie zum Bauch ziehen oder die Beine aufstellen und den Po anheben zu einer Brücke“, liefert Sabarini Vorschläge.
Doch wie wird die Festival-Nachtruhe rückenfreundlicher? Die dünne Isomatte ist laut dem Rücken-Experten keine gute Wahl, sie stützt die Wirbelsäule kaum, was Fehlhaltungen und Verspannungen begünstigt. Besser: eine aufblasbare Schlafunterlage, gern auch mit einem festen Kern. „Wenn möglich, sollte man in Rücken- oder Seitenlage schlafen“, rät Sabarini. Auch in der Bauchlage drohen nämlich Verspannungen.
Übrigens kann auch die nächtliche Kälte die Muskeln verhärten lassen, wenn man sich nicht gut genug warmhält. „Eine Luftmatratze verliert die Wärme relativ schnell. Daher ist es nicht verkehrt, eine leichte Decke daraufzulegen, damit sie die Wärme länger hält“, sagt Sabarini.
Stundenlanges Tanzen mit verschwitzten Socken in den Sneakern: Dabei entsteht viel Reibung - und auf Dauer eine Blase. Spätestens, wenn die sich öffnet, entstehen Schmerzen, gegen die selbst die Euphorie über die Lieblingsband wenig ausrichten kann.
Wer gut vorbereitet ist, kann zwei Minuten später unbesorgt weiterfeiern. Und zwar dank Blasenpflastern. Sie polstern die wunde Stelle und schirmen sie vor Schmutz und Keimen ab. Tamara Sperber rät, die klebenden Helfer selbst mitzubringen.
Und wie kann man vorbeugen? Wer sein bequemstes Schuhwerk trägt, macht viel richtig. Am besten mit Sportsocken, die Feuchtigkeit aufnehmen - und damit Reibung verhindern. Wer bereits eine wunde Stelle an Ferse oder Zeh spürt, kann auch präventiv ein Blasenpflaster aufkleben.
Einen Moment nicht aufgepasst - schon steckt eine Scherbe im Fuß. Und nun? „Ich würde immer ein kleines Wunddesinfektionsmittel mitnehmen, um die Wunde saubermachen zu können - gerade bei all dem Staub auf dem Festivalgelände“, sagt Tamara Sperber.
Ist die Wunde gereinigt, schützt ein Pflaster die Stelle. Wer vorher barfuß unterwegs war, zieht jetzt lieber wieder Schuhe an. „Man sollte unbedingt aufpassen, dass man mit dieser Wunde dann nicht direkt wieder durch den Dreck läuft.“
Gerade bei Schnitten ist auf den ersten Blick aber nicht immer erkennbar, wie tief sie sind. Wer unsicher ist, holt sich am besten Hilfe von den Profis an der Sani-Station. „Wir haben ganz andere Möglichkeiten, Wunden sauberzumachen und zu verbinden“, sagt Tamara Sperber.
Wer nachts nach dem letzten Konzert den Rückweg zum Zelt antritt, kennt ihn: den anspruchsvollen Slalom über die gespannten Zeltschnüre. Nicht jeder meistert ihn.
Wer umgeknickt ist, „kann gucken, ob es eine Möglichkeit gibt, das Gelenk zu kühlen - aber das ist natürlich schwer“, sagt Tamara Sperber. Die Kühltasche gibt nur noch lauwarme Bierdosen her? Dann ist eine Schmerzsalbe eine Option. Schwillt das Gelenk stark an oder fällt Laufen schwer, ist das ein Anlass für den Besuch bei den Sanis.
Zecken, Wespen und anderes Getier: Tamara Sperber rät, sich zwischendurch immer mal wieder nach den kleinen Tieren abzusuchen. In die Festival-Apotheke gehören auch unbedingt eine Pinzette und Zeckenkarte, um die Plagegeister rasch zu entfernen.
Bienen- oder Wespenstiche sollte man - wenn möglich - kühlen und ein Antihistaminikum in Gelform auftragen. In seltenen Fällen kann ein Wespen- oder Bienenstich eine gefährliche allergische Reaktion auslösen. „Es kommt immer mal wieder vor, dass Leute bei uns landen, bei denen die Atemwege zugeschwollen sind. Das ist ganz klar ein lebensbedrohlicher Zustand“, sagt Sperber.
Wer auf einen Insektenstich unverhältnismäßig stark reagiert - mit Schwindel, Atemnot oder Kreislaufproblemen, sollte sich auf jeden Fall Hilfe holen. Das gilt auch bei Bienen- oder Wespenstichen im Bereich von Mund und Rachen.
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