Der emotionale Abschied berührt Rekordschiedsrichter Felix Brych noch Tage später. „Ich blicke auf eine tolle Karriere als Schiedsrichter und mehr als 20 Jahre im Leistungssport zurück. Das letzte Spiel war ein unglaubliches Erlebnis und wird für immer in Erinnerung bleiben“, sagt der 49-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Der Münchner hatte am vergangenen Samstag beim 2:1 von Union Berlin beim FC Augsburg zum 359. und letzten Mal ein Spiel in der Bundesliga geleitet. Um 17.23 Uhr pfiff er zum letzten Mal auf großer Bühne. „Ich habe mich sehr gefreut, dass beim Abschied alle Menschen dabei sein konnten, die mir wichtig sind: Meine Familie, Freunde und langjährige Wegbegleiter“, sagte der promovierte Jurist. „Für diesen Abschied kann man nicht genug Danke sagen, den Spielern, den Vereinen, insbesondere dem FC Augsburg, dem Deutschen Fußball-Bund und dem Bayerischen Fußball-Verband.“
Im Kreise seiner Liebsten ließ Brych dann nach seinem letzten Spiel auch etwas zu, was er in seiner großen und langen Karriere öffentlich nicht machte. „Zum Abschied durfte ich in dem bewegenden Moment etwas Bodenständigkeit zeigen. Das ist etwas, das ich in meiner Karriere als Schiedsrichter verborgen habe“, sagte Brych. „Als Privatmensch bin ich anders als ich es in der Uniform des Schiedsrichters in der Fußballwelt gezeigt habe. Ich habe das Privatleben und den Fußball immer getrennt und mich vom Fußball nie ganz vereinnahmen lassen.“
Erlebt hat der zweimalige Weltschiedsrichter den Fußball auf allen Bühnen. Brych war bei je zwei Welt- und Europameisterschaften sowie den Olympischen Spielen 2012 im Einsatz, leitete das Champions-League-Finale 2017. Der sechsmalige DFB-Schiedsrichter des Jahres pfiff auch die Spiele mit den ganz Großen: Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Zlatan Ibrahimovic.
Als Brych im August 2004 sein erstes Bundesliga-Spiel zwischen Hertha BSC und dem FSV Mainz 05 pfiff, standen die heutigen Trainer Pal Dardai, Niko Kovac und Marco Rose sowie der langjährige Manager Fredi Bobic noch als Profis auf dem Platz. Vor wenigen Wochen leitete er noch ein Spiel des VfL Wolfsburg mit dem 19 Jahre alten Dardai-Sohn Bence Dardai. Die „Langlebigkeit“ der Karriere macht Brych stolz. „Die Erinnerungen und Rekorde bleiben“, sagte Brych, der die Laufbahn mit „Erfolg, Erfüllung, Erlebnis“ zusammenfasst.
„Die Größten des Sports zeichnen sich immer dadurch aus, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um das Ende ihrer glanzvollen Weltkarriere, wie in diesem Fall, eigenständig zu bestimmen und dabei riesige Fußstapfen zu hinterlassen“, würdigte Knut Kircher, Geschäftsführer der DFB Schiri GmbH, den nun ehemaligen Spitzenschiedsrichter bereits.
Der zweimalige Weltschiedsrichter des Jahres hofft, dass sein Abschied auch Inspiration für junge Schiedsrichter sein kann. „Ich würde mich freuen, wenn es weiterhin coolen Schiedsrichter-Nachwuchs gibt. Vielleicht rückt der Abschiedstag das Thema Schiedsrichter auch nochmal in den Fokus und kann Motivation für junge Schiedsrichter sein“, sagte Brych. „Wie der Fußball Torhüter oder Stürmer braucht, braucht er auch Schiedsrichter.“
Er selbst pfeift nicht mehr und möchte auch nicht mehr als Video-Assistent im Einsatz sein. Aber ganz will er sich nicht verabschieden. „Ich möchte dem Fußball erhalten bleiben und mein Wissen weitergeben. Es gab schon Gespräche, in welcher Form das der Fall sein könnte, aber das muss man weiter vertiefen“, sagte Brych. „Erst einmal brauche ich nach diesen bewegenden Tagen Urlaub.“
© dpa-infocom, dpa:250523-930-581539/1