Der Genfer Salon ist quasi Geschichte, die IAA seit dem Umzug nach München ein Schatten ihrer selbst und auch der Autosalon in Paris ist kaum mehr als eine regionale Leistungsschau der lokalen Fahrzeugindustrie. Automessen als Schaufenster der Motorenbauer, Designer und Fahrdynamiker haben sich offenbar überlebt.
Weil Bildschirme vielen Kunden längst wichtiger sind als Batterien und die Rechenleistung des Infotainments mehr Interesse weckt als die Power des Motors, wird aber zunehmend die CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas zum neuen Nabel der Autowelt - eigentlich eine Technikmesse.
Und auch wenn sich ausgerechnet die deutschen Hersteller - als selbst erklärte Stammspieler der PS-Branche - in diesem Jahr ungewöhnlich rarmachen und nur BMW groß in Las Vegas auffährt, zeigen die asiatischen Anbieter mehr neue Autos als zuletzt etwa auf den Messen in München oder Paris. Diese fünf Neuheiten von der CES könnten die Auto-Zukunft prägen:
Wenn Fahren zur Nebensache wird, braucht es auch keinen Fahrzeughersteller mehr, um ein Auto zu bauen. Das will uns in Las Vegas der japanische Unterhaltungsgigant Sony beweisen, der dafür den Afeela 1 enthüllte. Er soll zu Preisen ab umgerechnet rund 90.000 Euro Mitte nächsten Jahres zunächst in den USA auf den Markt kommen und dann seinen Weg um die Welt antreten.
Das teilte der Hersteller auf der Messe mit und kündigte als zweites Modell ein SUV an. Dabei setzen die Japaner vor allem auf wegweisende Unterhaltung und bauen deshalb quer im gesamten Cockpit sowie vor der Rückbank Bildschirme ein. Die sollen besser und größer sein als bei der Konkurrenz und mehr Inhalte bieten. Außerdem will Sony – den Kameras und Sensoren auf dem Dach sei Dank – Maßstäbe beim autonomen Fahren setzen.
Ganz ohne automobilen Sachverstand geht es dann allerdings offenbar doch nicht. Aus gutem Grund hat Sony deshalb Honda ins Boot geholt, von denen nicht zuletzt der Antrieb mit zwei Motoren von zusammen rund 353 kW/480 PS und der Akku mit etwa 90 kWh für grob 500 Kilometer kommt.
Dass Honda den Weg in die Zukunft auch ohne Partner findet, wollen die Japaner mit der sogenannten 0-Serie beweisen. Sie soll einen Neustart im E-Auto-Segment markieren und bis zum Ende der Dekade mehr als ein halbes Dutzend Ableger haben. Den Anfang machen eine Limousine und ein SUV, die im vergangenen Jahr noch als Designstudien gezeugt wurden und jetzt zur Vorserie gereift sind. Kaum weniger revolutionär gezeichnet, sollen sie ohne weitere Änderungen in Produktion gehen, kündigte der Hersteller an.
Beide sind rund fünf Meter lang und stehen auf einer neuen Plattform mit ähnlichen Eckwerten wie der Sony-Honda Afeela 1. Sie wollen öfter, weiter und besser autonom fahren als die Konkurrenz und schreien mit ihrem unkonventionellen Design aus jedem Blickwinkel nach Zukunft. Dabei lässt die gar nicht mehr so lange auf sich warten: Denn in den USA nimmt Honda bereits Vorbestellungen entgegen und will ab dem Sommer 2026 ausliefern. Kurz darauf geht es auch in Europa los, so Honda weiter.
Weil es mit dem Flugauto bislang nicht so recht klappen will, macht Xpeng jetzt einen Zwischenschritt auf dem Weg in die Luft. Um Autofahrern neue Aussichten und Abkürzungen zu ermöglichen, haben die Chinesen den Aeroht vorgestellt und schon für nächstes Jahr den Start der Serienproduktion angekündigt. Für umgerechnet rund 300.000 Euro gibt es dann – zunächst allerdings nur in China – einen Pick-up im Stil von Teslas Cybertruck.
Dieser transportiert auf der Pritsche eine Drohne mit zwei Sitzplätzen: Sie wird binnen weniger Minuten auf Knopfdruck automatisch entladen und kann dann ein paar Dutzend Kilometer durch die Lüfte schweben. Den Antrieb übernehmen elektrisch betriebene Rotoren, deren Akkus während der Fahrt am Boden wieder geladen werden.
Dafür nutzt der Flugzeugträger auf Rädern einen Hybrid-Motor mit Benziner, E-Maschine und Pufferakku, mit dem bis zu 1.000 Kilometer Reichweite möglich sein sollen. Einziger Haken an der buchstäblich abgehobenen Idee: Neben einem chinesischen Pass braucht man für den Aeroht neben dem Führer- auch noch den Pilotenschein.
Gegen ihn könnte der VW ID.Buzz fast langweilig und einfallslos erscheinen. Denn mit dem Mix zeigt die Geely-Tochter Zeekr, wie man auf einer elektrischen Flachbodenplattform mit Akkuvarianten für 500 und 700 Kilometer einen wirklich variablen Van baut. Der ist in China bereits im Handel und auch fürs europäische Programm vorgesehen.
Die rund 4,70 Meter lange Großraumlimousine kombiniert nicht nur eine Klapptür für den Fahrer mit Schiebetüren für den Beifahrer und die Hinterbänkler und spart sich dabei für den bequemeren Zustieg die Karosseriesäulen dazwischen. Sondern es sind auch alle Sitze variabel, verschieb- und drehbar montiert, sodass unter anderem eine Vis-a-Vis-Bestuhlung möglich wird.
Das gewinnt zumindest in den USA bald besondere Bedeutung: Denn auf der CES hat Zeekr eine speziell ausgerüstete Version angekündigt, die von der Google-Tochter Waymo als Robotaxi eingesetzt wird. Dann funktioniert diese Sitzordnung sogar beim Fahren.
Bis BMW die vielbeschworene „Neue Klasse“ endlich auf die Bühne und kurz danach auch auf die Straße bringt, wird es zwar noch ein knappes Jahr dauern. Doch gewähren die Bayern jetzt in Las Vegas zumindest einen ersten Ein- und zugleich einen Ausblick auf das nach Angaben von Entwicklungschef Frank Weber wichtigste Modell der jüngeren Firmengeschichte.
Denn zwischen all den Superfernsehern und digitalen Spielzeugen der Generation Smartphone haben sie das neue Bedien- und Infotainmentsystem gezeigt, das in den Autos der Neuen Klasse seinen Einstand geben und dann schnell bei allen BMW-Modellen installiert werden soll.
Es fußt vor allem auf einer neuen Panorama-Projektion, mit der das untere Fünftel der Frontscheibe über die gesamte Breite zum Bildschirm wird. Zusammen mit neuen Menütasten am Lenkrad, einem erweiterten Head-up-Display und einem waagrecht ausgerichteten Bildschirm vor der Mittelkonsole soll es dafür sorgen, dass die Hände öfter und länger am Lenkrad und die Augen auf der Straße bleiben können.
© dpa-infocom, dpa:250108-930-337795/1