Vier Jahre nach Beginn des ersten Corona-Lockdowns in Deutschland hat der Virologe Christian Drosten eine insgesamt positive Bilanz der deutschen Krisenstrategie gezogen. „Aus medizinischer Sicht sind wir gut durch die Pandemie gekommen“, sagte er im Deutschlandfunk.
Verglichen mit anderen großen europäischen Industrieländern habe Deutschland die Pandemie gut überstanden - auch wenn es hätte besser laufen können.
Am 22. März 2020 war der erste Corona-Lockdown in Deutschland in Kraft getreten. Die Folge waren weitreichende Kontaktbeschränkungen. Das öffentliche Leben kam weitgehend zum Erliegen. Die Maßnahmen sollten dabei helfen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
Die deutsche Reaktion auf die erste Welle sei international gelobt worden - sie habe als deutsches Wunder gegolten, sagt Drosten. Es sei mit „relativ milden Bekämpfungsmaßnahmen“ gelungen, dass es in der ersten Welle nur eine sehr niedrige Zahl von Todesfällen gegeben habe.
Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Versammlungs- und Ausgangsbeschränkungen, Homeoffice-Regelungen, Schulschließungen, Maskengebote sowie die Testpflichten und Kontaktverfolgung erfolgreich gewesen seien. Schlechte Evidenz gebe es bei der Schließung von Geschäften. Auch der Erfolg der Hygienekonzepte seien aus Sicht der Wissenschaft bisher nicht geklärt. „Die Evidenz ist manchmal auch deswegen wackelig, weil die Studien dazu nicht gut genug angelegt waren“, sagt Drosten.
Am Mittwoch hatte die FDP erneut auf eine Aufarbeitung der Corona-Politik in einer Kommission des Bundestages gedrängt. In einem Schreiben an die Fraktionsführungen von SPD und Grünen bitten FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann und FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki, in Gespräche über die Einsetzung einer Enquete-Kommission einzutreten. Davon hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht viel: „Eine Enquete Kommission ist typischerweise eine sehr politisch aufgeladene Angelegenheit“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Man würde dort politisch agieren und weniger wissenschaftlich bearbeiten.
Drosten würde sich einen gesellschaftlichen Aufarbeitungsprozess anstatt einer Enquete wünschen. „Eine politische Kommission würde eher dazu führen, dass bestimmte Kräfte da eine Bühne bekommen, die gar nicht im Zentrum der Diskussion stehen sollte“, sagte der Virologe im Deutschlandfunk.
© dpa-infocom, dpa:240322-99-429820/2