Martin Schindlers Worte klangen fast wie eine Entschuldigung. „Vielen Dank an die Fans, ich weiß es zu schätzen. Aber ich muss da oben dann auch meine Leistung bringen“, sagte der 28-Jährige, für den das 0:3 gegen Callan Rydz einer der größten Rückschläge seiner Laufbahn ist. Zwar stellte sich Deutschlands Nummer eins nach seinem Debakel auf der größten Darts-Bühne der Welt tapfer allen Interviews. Doch eine Erklärung hatte Schindler nicht.
Zwei oder drei Spiele wollte Schindler im Alexandra Palace gewinnen - am Ende wurden es drei Legs an einem denkwürdigen Abend, an dem Schindler beinahe als erster Deutscher einen selten Neun-Darter bei der WM geworfen hatte. Doch gegen den Engländer Rydz verpasste er das schmale Doppel-12-Feld um Millimeter und war eine halbe Stunde später ganz ausgeschieden.
So reist Schindler nicht nur ohne zusätzliche Prämie von 60.000 Pfund (rund 72.000 Euro) für einen Neun-Darter nach Hause, sondern auch ohne Rückflugticket. Schindler hat nach Weihnachten frei, das ist für „The Wall“ (die Mauer) die schlechteste Nachricht.
„Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht Herr der Lage war. Es fühlt sich echt dreckig an. Es war insgesamt so, dass ich zu viel auf die Doppel liegen gelassen habe. Es ist kein schönes Gefühl“, sagte Schindler bei DAZN.
Vor der WM sprach er von seinen Siegen über die ganz Großen der Branche und davon, dass die zweite oder dritte Runde „kein akzeptables Resultat“ für ihn sei. Diesem hohen Selbstanspruch ist Schindler nicht gerecht geworden. Elf Prozent auf die Doppel-Felder sind desaströs. „Ich stehe da oben gefühlt, als ob ich das erste Mal auf Doppel werfe. Ich hatte überhaupt kein Gefühl auf die Doppel da oben, das war echt eine Katastrophe“, sagte Schindler.
Der Abend war ein Abziehbild für Darts-Deutschland in den vergangenen Jahren: Teilweise überragende Phasen, aber im entscheidenden Moment nie zur Stelle. Der WM-Halbfinaleinzug von Gabriel Clemens vor zwei Jahren war die einzige große Ausnahme bislang.
Diesmal schied Clemens schon in Runde zwei klar mit 1:3 gegen den walisischen Außenseiter Robert Owen aus und fiel so aus den Top 32 der Weltrangliste. Im Gegensatz zu Schindler verließ der Saarländer den Ally Pally ohne jede Stellungnahme. In der überwiegend unkritischen deutschen Darts-Öffentlichkeit wird Jahr für Jahr der große Sprung in die Weltspitze prophezeit - tatsächlich erfolgt ist dieser bislang nicht.
Passend dazu war auch die Sequenz, als Schindler im TV-Interview von Sport1 gefragt wurde, was er nach dem frühen Aus Positives von der WM mitnehme. „Ich bin für mich einer der Ersten, der acht perfekte Darts im Ally Pally gespielt hat. Es freut mich, dass ich euch einen kleinen Herzinfarkt gegeben habe“, sagte Schindler und blickte entschlossen in die Kamera.
Im Hintergrund hörte man währenddessen schon wieder Bühnen-Moderator John McDonald, der zu wummernden Bässen für 3500 begeisterte Fans den Philippiner Paolo Nebrida ansagte. Nebrida verblüfft mit einem Sieg gegen Ex-Europameister Ross Smith und darf nach Weihnachten wieder kommen. Schindlers acht perfekte Darts dürften inmitten einer turbulenten WM schnell wieder vergessen sein.
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