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Veröffentlicht am 22.07.2025 03:32, aktualisiert am 22.07.2025 15:22

Buben eingesperrt und gefesselt - Eltern vor Gericht

Die wegen Misshandlung eines Fünfjährigen angeklagten Eltern gaben die Vorwürfe vor Gericht teilweise zu. (Foto: Ulf Vogler/dpa)
Die wegen Misshandlung eines Fünfjährigen angeklagten Eltern gaben die Vorwürfe vor Gericht teilweise zu. (Foto: Ulf Vogler/dpa)
Die wegen Misshandlung eines Fünfjährigen angeklagten Eltern gaben die Vorwürfe vor Gericht teilweise zu. (Foto: Ulf Vogler/dpa)

Ein Jahr lang soll in Schwaben ein Vorschulkind von seinen Eltern immer wieder gequält und verletzt worden sein. Das wegen Misshandlung des damals zunächst fünf Jahre alten Sohnes angeklagte Ehepaar hat vor Gericht die Taten zum Teil eingeräumt.

Laut Anklage sollen die Eltern das Kind mehrfach geschlagen, mit Kabelbindern gefesselt und eingesperrt haben. Das Martyrium des Jungen endete demnach, als er aus dem Haus fliehen konnte und an einer Straße von einer Zeugin aufgegriffen wurde.

Der Vater und die Stiefmutter müssen sich nun vor dem Augsburger Amtsgericht verantworten. Beiden droht eine Gefängnisstrafe, seit einem halben Jahr befinden sie sich bereits in Untersuchungshaft.

Hintergrund des Falls ist, dass die leibliche Mutter gestorben war, als der Junge gerade vier Jahre alt war. Bald lernte der aus dem Landkreis Aichach-Friedberg stammende Vater eine neue Frau kennen, die bei ihm mit ihren eigenen beiden Söhnen einzog und die er später auch heiratete. Wenige Monate später begannen laut der Staatsanwaltschaft die Übergriffe auf den Sohn des heute 33 Jahre alten Vaters.

Eltern sollen Sohn ohne Essen eingesperrt haben

Der Mann soll seinen Buben mehrfach geprügelt haben, die 35-jährige Frau soll auch einmal gewalttätig geworden sein. Die Angeklagten sollen das Kind zudem ohne Essen und Trinken für längere Zeiträume im Heizungsraum, der Abstellkammer oder im Kinderzimmer eingesperrt haben. Dabei sollen die Arme und Füße des Jungen gefesselt worden sein. Zudem habe das Kind ohne Kissen und Decke auf dem Boden schlafen müssen.

Der Anwalt des Vaters erklärte in dem Prozess, dass die angeklagten Taten zutreffend seien. Anschließend sagte der 33-Jährige aus, bestritt aber verschiedene Vorwürfe aus der Anklage. „Ich wünschte, ich könnte vieles rückgängig machen“, sagte der Vater. Er gab unter anderem zu, seinen Sohn geohrfeigt zu haben, als dieser ihn abends einmal gereizt habe. „Da hat er halt mal eine gefangen.“ Nach Angaben seines Rechtsanwalts will der Mann Schmerzensgeld zahlen, 1.500 Euro seien schon geflossen.

Die beschuldigte Frau sagte selbst nichts zu den Vorwürfen, ließ aber ihren Verteidiger eine Erklärung verlesen. Demnach gibt auch sie nur einen Teil der angeklagten Taten zu. Beide erklärten, überfordert gewesen zu sein, weil der Sohn aggressiv gewesen sei. So soll das Kind einen Bilderrahmen zerbrochen und die Glasscherben in Richtung der Eltern geworfen haben. Der Vater sagte, sein Sohn habe „richtige Ausraster“ gehabt.

Misshandeltes Kind soll sich zurückentwickelt haben

Im vergangenen Januar soll der Sohn laut Anklage aus dem Wohnhaus geflohen sein. Eine Frau entdeckte das nur leicht bekleidete Kind allein auf einer Landstraße. Das Jugendamt nahm sich dem mittlerweile sechs Jahre alten Buben an und brachte ihn in einer Wohngruppe unter.

Nach Angaben der Staatsanwältin hat sich der zuvor altersgerecht entwickelte Junge durch die fortdauernde Vernachlässigung und Misshandlung massiv zurückentwickelt. Es müsse davon ausgegangenen werden, dass er sein Leben lang ein Risiko für psychische Folgeschäden behalte, meinte die Anklägerin. Sie wirft den Eltern eine „gefühllose Gesinnung“ vor.

Im April war das Kind von einer Ermittlungsrichterin befragt worden. Eine Videoauszeichnung davon wurde in dem Prozess abgespielt, damit der Junge nicht vor Gericht aussagen muss. Bei der Vernehmung schilderte der Junge, wie er eingesperrt worden sei und dass ihn sein Vater auch mit einem Besen auf den Kopf geschlagen habe.

Den zwei Angeklagten wird unter anderem schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Das Urteil in dem Prozess wird am Donnerstag erwartet.

© dpa-infocom, dpa:250722-930-824289/3


Von dpa
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