Um Südkoreas anhaltende Staatskrise möglichst rasch zu überwinden, wollen die Strafverfolgungsbehörden den vorerst abgesetzten Präsidenten Yoon Suk Yeol bereits diesen Mittwoch zu einer persönlichen Befragung vorladen. Während der Befragung soll untersucht werden, ob Yoon sich mit dem vorübergehenden Verhängen des Kriegsrechts den Strafbeständen Aufruhr und Machtmissbrauch schuldig gemacht habe.
Ein erster Versuch, die Aufforderung zur Befragung über das Präsidentenamt zu übermitteln, ist jedoch aufgrund mangelnder Kooperation gescheitert, berichtete Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap. Das Sekretariat des Präsidentenamts habe das Ermittlerteam, bestehend aus Mitgliedern der Polizei, der Anti-Korruptionsbehörde sowie Vertretern des Verteidigungsministeriums, an den präsidialen Wohnsitz in Seoul weitergeleitet. Ob Yoon mit den Behörden kooperieren und persönlich vorstellig wird, ist bislang offen.
Yoon Suk Yeol wurde am Samstag nach einer Abstimmung im Parlament von seinem Amt enthoben. 204 der 300 Abgeordneten haben für einen von der Opposition eingereichten Antrag gestimmt. Da die Oppositionsparteien über insgesamt 192 Sitze verfügen, wird angenommen, dass bei der anonymen Abstimmung zwölf Abgeordnete der Regierungspartei die Amtsenthebung ihres Präsidenten ebenfalls unterstützt hatten.
Die Krise des konservativen Lagers hat unlängst zu personellen Konsequenzen geführt. Am Montag gab Regierungsparteichef Han Dong Hoon seinen Rücktritt bekannt. In einer live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz sprach Han davon, dass es ihm unmöglich geworden sei, seine Pflichten als Vorsitzender der konservativen Volksmacht-Partei (PPP) auszufüllen. Han hatte bereits zu Beginn der Staatskrise Präsident Yoon Suk Yeol zu einem frühzeitigen Rücktritt aufgefordert und später auch seine Unterstützung für ein Amtsenthebungsverfahren ausgesprochen. Am Montag sagte der scheidende Parteivorsitzende, dass er diese Entscheidung weiterhin nicht bereue.
Übergangsweise übernimmt vorerst Ministerpräsident Han Duck Soo die präsidialen Amtsgeschäfte, ehe das Verfassungsgericht die finale Entscheidung trifft. Das Gericht kann die Amtsenthebung Yoons entweder bestätigen oder für verfassungswidrig erklären. Für die Entscheidung hat das Verfassungsgericht maximal 180 Tage Zeit. Dessen Vorsitzender hat jedoch bereits angekündigt, möglichst rasch und fair vorzugehen. Sollte Yoons Amtsenthebung bestätigt werden, müssten in Südkorea innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.
Die Opposition wirft Yoon Verfassungsbruch und Hochverrat vor. Yoon Suk Yeol hatte zu Beginn des Monats völlig überraschend das Kriegsrecht verhängt und Stunden später nach massivem Widerstand wieder aufgehoben.
Infolgedessen haben Oppositionsparteien, Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft täglich Demonstrationen organisiert, um den Rücktritt des Präsidenten zu fordern. Am Samstag hatten sich laut Schätzungen der Polizei mindestens 200.000 Menschen vor dem südkoreanischen Parlament versammelt und die Amtsenthebung von Präsident Yoon gefeiert.
Zuletzt am Donnerstag hatte Yoon seine Entscheidung während einer kurzfristig einberufenen Fernsehansprache erneut verteidigt. Er habe das Kriegsrecht zum Schutz der Nation ausgerufen, sagte der Präsident. Seine politischen Gegner seien „staatsfeindliche Kräfte“, die die Regierungsarbeit lähmen und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes stören würden. Yoons Beliebtheitswerte waren letzte Woche laut einer repräsentativen Umfrage auf ein Rekordtief von elf Prozent gesunken.
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