Das Streben nach Unabhängigkeit in Schottland ist einer Politik-Expertin zufolge auch zehn Jahre nach dem Referendum über die Loslösung vom Vereinigten Königreich ungebrochen. In Umfragen spreche sich noch immer knapp die Hälfte der Schotten dafür aus, sagt Kirsty Hughes von der Denkfabrik Scottish Centre on European Relations im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. In jüngeren Altersgruppen sei es sogar eine deutliche Mehrheit.
Vor zehn Jahren - am 18. September 2014 - hatten die Schotten in einer Volksabstimmung mit 55 zu 45 Prozent gegen eine Loslösung gestimmt. Seitdem hat der Anteil der Unabhängigkeitsbefürworter leicht zugenommen, zeitweise gab es sogar eine knappe Mehrheit in den Umfragen.
Diese Tatsache wird auch nicht von sinkender Zustimmung für die schottische Unabhängigkeitspartei SNP beeinträchtigt, die bei der jüngsten Wahl zum britischen Parlament eine herbe Niederlage einstecken musste.
Expertin Hughes glaubt daher, dass die Angelegenheit noch längst nicht zu den Akten gelegt ist, auch wenn die Labour-Regierung - wie schon deren konservative Vorgängerin - das Thema als abgehakt betrachtet und sich die öffentliche Debatte derzeit um andere Fragen wie das marode Gesundheitssystem und die wirtschaftliche Lage dreht.
„Ich denke, der einzige Weg zu einem weiteren Referendum führt darüber, dass die Zahlen steigen und es zu einem echten demokratischen Thema wird“, sagt Hughes.
Sollte der Anteil der Befürworter in Umfragen auf 60 Prozent oder mehr anwachsen, wäre das Thema kaum noch zu ignorieren. „Und ich würde nicht ausschließen, dass das in den nächsten zehn Jahren passiert“, fügt sie hinzu.
Einen neuen Schub könnte der Unabhängigkeitsbewegung etwa verleihen, falls in Nordirland Dynamik in die Frage nach einer Loslösung von Großbritannien käme, glaubt Hughes.
Der schottische Regierungschef John Swinney zeigte sich zuversichtlich, dass die Loslösung noch gelingen kann. „Ich denke, wir sind näher dran, das zu erreichen als wir es 2014 waren“, sagte der SNP-Politiker in einer Ansprache zum Jahrestag des Referendums. Es gehe nun darum, noch mehr Schotten davon zu überzeugen, dass ihre Prioritäten besser außerhalb des Vereinigten Königreichs angegangen werden könnten.
Die sozialdemokratische Labour-Partei habe bereits zehn Wochen nach ihrer Amtsübernahme bewiesen, dass Schottlands Probleme nicht wie von Labour behauptet durch einen Regierungswechsel in London gelöst werden könnten, so Swinney weiter.
Die britische Zentralregierung müsste einem Urteil des Obersten Gerichts in London zufolge einem neuen Referendum zustimmen. Sie betont aber, bei der Volksbefragung 2014 habe es sich um eine einmalige Angelegenheit gehandelt. Die Befürworter einer Loslösung machen hingegen geltend, dass der Brexit die Ausgangslage verändert habe. Beim Brexit-Referendum 2016 hatte eine deutliche Mehrheit der Schotten den britischen EU-Austritt strikt abgelehnt.
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