Was kann bequemer sein als ein Schlafanzug? Als ein Bademantel? Als unsere geliebte Jogginghose? Nichts. Und deswegen dürfen sie jetzt alle Alltagskleidung, sogar Büro- und Ausgehkleidung sein. Denn unter dem Begriff „Athflow“ wird Sport- und komfortable Homewear jetzt chic.
Wie sieht das aus? Auf den Komfort, an den wir uns in der Zeit des Zuhausebleibens und des Homeoffice gewöhnt haben, wollen wir nicht mehr verzichten. Doch bietet sich ja mit der Entspannung bei den Infektionszahlen und der dadurch wiederzugewinnenden Freiheit die Möglichkeit, „sich wieder 'anzuziehen' und zu zeigen“, wie das Deutsche Mode-Institut (DMI) in seinem Trendreport für die Saison schreibt.
Packt man diese Ansprüche zusammen, ergeben sich entspannte Ganztags-Kombis, die das DMI mit „day to dinner“ überschreibt. Also Outfits, die sich im Alltag vor allem zu Hause, aber eben auch beim Ausgehen ins Restaurant tragen lassen.
Deswegen nimmt schon seit einiger Zeit dieser Gemütlichkeits- und Sport-Look, der so wirkt, als wäre man gerade im Fitnessstudio, „einen Twist ins Elegante“, wie es Modeberater Andreas Rose aus Frankfurt umschreibt. Aus den reinen Sportoutfits, die vor Corona ihren Trendhöhepunkt unter der Bezeichnung „Athleisure“ hatten, und den nachfolgenden Chill-Klamotten für die Pandemie wird der Trendmix „Athflow“. Er sei „quasi der Glamour-Onkel von Athleisure“, so Rose.
Wir behalten also von den beiden vergangenen Trends den Tragekomfort: „das Weite, Luftige, Bequeme, Weiche“, so Rose. Aber die Looks sind einfach eine Spur schicker.
Gerade wird die Sweatkleidung weiterentwickelt - allen voran die Jogginghosen und die Art, wie wir sie kombinieren. Sie sehen oft nicht mehr nach Jogginghosen aus, sondern können auch wie Anzughosen wirken. Auch die Trackpants, die locker geschnittenen Sporthosen, oft mit Seitenstreifen, haben sich längst in diese Richtung entwickelt.
Auffällig oft finden sich nun auch Sweat-Kleider in den Kollektionen für Frühling und Sommer: Dahinter steckt im weitesten Sinne ebenfalls eine Weiterentwicklung des Jogginganzugs. Hoodies und Sweatpullover in Überlänge dienen dabei als Kleider. Und gerade in den Sommer-Kollektionen sieht man zudem jede Menge Sets aus kurzen Jogginghosen im Bermudastil und kurzärmeligen Hoodies in frischen Sommerfarben.
Sweatpullis machen im Moment die größte Wandlung mit: Bei Second Female zum Beispiel bekommen sie ein Upgrade mit dezenten Puffärmeln mit Cut-outs. Für die Couch sind diese Teile viel zu schade! Die Oberteile fallen in Kombi mit Jogginghosen in frischen Pastell-Tönen oder dem hellen Braunton Camel auch als Anzugkombination nicht mehr aus dem Rahmen.
Eine ähnliche Wirkung erzielt Bogner mit leichten Fledermausärmeln an einem kurzen Sweat-Oberteil oder durch die Verwendung von Leder für ein sommerlich kurzes Set. Gleiches macht 10Days mit einer Jogginghose (veganes Leder). Brunello Cucinelli hat einen Sweatpullover für den Mann auffällig weiterentwickelt: Er hat einen Polohemdkragen erhalten, getragen zur kurzen Bermudahose im Joggingstil.
Es müssen aber nicht immer Jogging- oder Trackpants sein, auch andere Hosenmodelle sind bequem - und obendrein eine Spur schicker. Für Frauen sind laut dem Deutschen Mode-Institut derzeit auch Paperbag-Hosen angesagt. Daran zu erkennen, dass sie oben gerafft sind wie Papiertüten. Für den „Athflow“-Look geeignet sind zudem Jeans mit extraweitem Bein.
Erweitert wird der Style um Teile aus Rippstrick: Cardigans oder Pullunder und Röcke. Für Andreas Rose ergänzen zudem Rollkragenpullover, edle Strickpullover, -jacken und -kleider und Baggyhosen den Look.
Dazu kommt ein Touch Eleganz: Manche Modefirmen zeigen Kombinationen mit Blazer - und sogar Pumps kommen zum Einsatz. Das Label GIVN Berlin bringt mit einer langen weißen Bluse unter einer braunen Sweatkombi einen konservativen, aber durch seine Weite trotzdem lässigen Look hervor.
Vereinzelt findet man in den Kollektionen auch Stücke, die an Pyjamas und Bademäntel erinnern, aber definitiv nicht fürs Schlaf- und Badezimmer gemacht sind.
Bei Baum und Pferdgarten zum Beispiel ist es ein weißer, langer Mantel (mit abnehmbaren Ärmeln für den Sommer), der sich auf den Werbebildern sogar mit einem Blazer messen lassen kann. Oder Bluse und Hose in Apfelgrün, die gemeinsam getragen ein wenig wie ein Schlafgewand wirken - aber einzeln sind sie fröhlich-leichte Sommerteile.
Ein ähnliches Set, aber in dezentem Blau, findet sich bei Hessnatur: „comfy-wear“, die nicht nur für zu Hause gedacht sei, sondern auch draußen getragen werden könne, heißt es auf Nachfrage.
Selbst klassische Loungewear wirkt nach der Pandemie-Mode mit Jogginghose und Co. nun so alltäglich, dass man darüber nachdenkt, diese ebenso im Alltag anzuziehen - vor der Tür. Ein Beispiel dafür ist die Pyjamakombi von Plan Shop aus einem bauchfreien Top und einem offen getragenen Kimono zur weiten Hose: eigentlich ein lässiger Baggy-Look.
Nur ein Teil sollte nicht mit in den Frühling vor der Tür starten: die Lieblings-Binge-Watch-Hose - also die Buxe für die Couch. „Ein klares Nein“ gibt es dazu von den Analysten des Deutschen Mode-Instituts in ihren „11 Thesen für 22“.
Dafür gibt es auch hier von den Experten „ein klares Ja zu eleganten Jogginghosen“. (Für Fans: Das Ja gilt auch ausdrücklich für elegante Leggings.)
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