Ein umfassendes Geständnis des Angeklagten hat erneut zu einer Wendung im Prozess um den getöteten sechsjährigen Joel aus Pragsdorf bei Neubrandenburg geführt.
Der 15 Jahre alte Angeklagte habe sich „weitergehend zur Sache eingelassen“ teilte ein Sprecher des Landgerichts Neubrandenburg mit. „Die Prozessbeteiligten haben ihre Plädoyers gehalten. Wobei mehrjährige Jugendstrafen teilweise wegen Totschlags und teilweise wegen Mordes gefordert wurden.“ Einzelheiten nannte er nicht. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Nach Aussage der Vertreterin von Joels Eltern, Christine Habetha, sagte der Angeklagte anders als bisher erklärt aus, allein gehandelt zu haben. Zuerst hatte der „Nordkurier“ berichtet. Der Angeklagte soll im vergangenen September Joel im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte geschlagen und erstochen haben.
Habetha sagte, die Staatsanwaltschaft habe acht Jahre Jugendstrafe wegen Mordes gefordert. Habetha selbst forderte demnach als Vertreterin der Nebenklage die Höchststrafe von zehn Jahren auch wegen Mordes und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger des Angeklagten habe auf Totschlag plädierte, wie ursprünglich angeklagt, und sieben Jahre gefordert.
Während des seit Februar laufenden Prozesses hatte es wiederholt Überraschungen gegeben. So war zu Beginn bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen den 17 Jahre alten Bruder des Angeklagten Ermittlungen eingeleitet hatte. Anfang April hatte der Angeklagte nach langem Schweigen dann ein Teilgeständnis abgelegt und von einer Beteiligung eines anderen Menschen gesprochen, bei dem es sich nicht um den Bruder handelte. Bei dem Geständnis am Dienstag war laut Habetha keine Rede mehr von einem Mittäter. Das Geständnis erfolgte demnach unter dem Eindruck der Beweislage, die einen weiteren Täter ausschließe. Laut Gericht soll am Donnerstag kommender Woche das Urteil verkündet werden.
Der gewaltsame Tod des sechsjährigen Joel im vergangenen September hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft wirft dem zum Tatzeitpunkt 14-Jährigen vor, Joel mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 15 Zentimetern siebenmal auf ihn eingestochen zu haben. Der Teenager hatte sich früheren Angaben zufolge in Widersprüche verstrickt, zudem wurde demnach seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden.
Die brutale Tat soll sich in einem Gebüsch am Bolzplatz in dem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern abgespielt haben. Dort, wo Joel starb, standen Monate später noch Engelsfiguren, Erinnerungsstücke und ein größeres Kreuz. Der Angeklagte war zwischenzeitlich aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil das Gericht nach eigener Aussage keinen Haftgrund sah. Die Staatsanwaltschaft legte Widerspruch ein, und das Oberlandesgericht Rostock kassierte die Entscheidung.
© dpa-infocom, dpa:240423-99-780246/2