Ihre Silbermedaillen nahmen Minerva Hase und Nikita Wolodin nach einem nervenaufreibenden Herzschlagfinale mit einem Lachen entgegen. Dann drehten sie mit einer deutschen Fahne stolz und erleichtert noch eine Ehrenrunde auf der Eisfläche des TD Gardens in Boston.
Obwohl das Topduo den Titel im Paarlauf-Wettbewerb bei der Eiskunstlauf-Weltmeisterschaft in den USA nur ganz knapp verpasste, überwog bei Hase/Wolodin die Freude über den zweiten Platz. Denn vorwerfen lassen konnten sich die beiden nichts. „Wir haben 100 Prozent gegeben“, betonte Hase.
Die Europameister hielten dem enormen Druck bei einem wichtigen Wettbewerb wieder einmal stand und zeigten vor den Augen der zweimaligen Olympiasiegerin Katarina Witt eine mitreißende Kür, die beinahe mit Gold gekrönt worden wäre.
Es wäre der erste deutsche WM-Titel seit sieben Jahren gewesen, als Aljona Savchenko und Bruno Massot ebenfalls im Paarlauf in Mailand triumphierten. Auf Nachfolger müssen sie weiter warten, weil sich Hase/Wolodin in einem Eiskunstlauf-Krimi um gerade einmal 0,71 Punkte den siegreichen Japanern Riku Miura und Ryuichi Kihara geschlagen geben mussten.
„Schade, dass es ganz knapp war“, sagte Hase, die sich nach der nahezu perfekten Darbietung vollkommen entkräftet mit dem Rücken auf die Eisfläche legte. „Es war ein Mix aus: Die Saison ist vorbei, wir haben eine super Kür hingelegt“, erklärte die 25-Jährige. Sie habe den Moment so einfach am besten genießen können.
Mit 219,08 Punkten stellten Hase und Wolodin bei der WM eine persönliche Bestleistung auf. Nachdem die beiden nach dem Kurzprogramm noch auf dem dritten Platz gelegen hatten, zeigten sie in Boston die bislang beste Kür ihres Lebens und verdrängten die Italiener Sara Conti/Niccolò Macii auf Rang drei. Um die Konkurrenz aus Japan zu überholen, reichte es aber nicht ganz. „Wir haben alles getan, was wir konnten“, befand Wolodin.
Für das in Berlin trainierende Duo ist die Silbermedaille das zweite WM-Edelmetall nach Bronze im vergangenen Jahr. „Die Tendenz geht nach oben“, sagte Hase lachend. Der Fokus in der kommenden Saison liegt aber nicht auf der WM, sondern auf den Olympischen Winterspielen in Mailand und Cortina d’Ampezzo. Da wollen sie erneut liefern.
Auf sportlicher Ebene gibt es auf dem Weg zu Olympia keine Hürde mehr, nachdem die Deutsche Eislauf-Union (DEU) nach den WM-Ergebnissen zwei Quotenplätze sicher hat. Außer mit dem Erfolgspaar wird die DEU wohl auch mit Annika Hocke und Robert Kunkel planen, die in Boston auf einem enttäuschenden 18. Platz landeten.
Doch um bei Olympia dabei zu sein, müssen Hase/Wolodin noch ein ganz anderes Problem lösen. Dem in Russland geborenen Wolodin fehlt nämlich der deutsche Pass. Und der ist notwendig, um an dem Großereignis in knapp zehn Monaten teilnehmen zu dürfen. Die Zeit drängt also.
Dabei ist die größte Hürde der obligatorische Deutschtest - ähnlich schon wie bei Massot vor dessen Olympiasieg mit Savchenko 2018 in Pyeongchang. Hase/Wolodin wollen das Thema am liebsten noch vor Beginn der Olympia-Saison abhaken und sich dann ganz auf den Sport konzentrieren. „Nikita versucht, intensiv Deutsch zu lernen“, erklärte Hase. „Es wird auch auf jeden Fall besser.“
Dass Wolodin mit Druck umgehen kann, beweist er regelmäßig auf der Eisfläche. Im Sommer muss er es auch abseits davon tun. Und vielleicht werden Hase/Wolodin dann im Februar die Nachfolger von Savchenko/Massot - auch in Mailand, nur eben bei Olympia und nicht bei einer WM.
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