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Veröffentlicht am 24.10.2025 00:07

Im Winter bauen? Warum das sogar von Vorteil sein kann

Winter auf der Baustelle: Eis und Schnee muss kein Hinderungsgrund für den Fortgang der Arbeiten sein. (Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn)
Winter auf der Baustelle: Eis und Schnee muss kein Hinderungsgrund für den Fortgang der Arbeiten sein. (Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn)
Winter auf der Baustelle: Eis und Schnee muss kein Hinderungsgrund für den Fortgang der Arbeiten sein. (Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn)

Zeit ist Geld, das gilt ganz besonders auf dem Bau. Je zügiger ein Gebäude errichtet wird, desto besser. Bauherren und Baufirmen sind gleichermaßen daran interessiert, dass alles möglichst ohne Verzögerungen vorankommt. Deshalb wird oft auch im Winter durchgearbeitet. 

Aber ist das immer sinnvoll? Früher wurden Arbeiten auf der Baustelle in der kalten Jahreszeit ausgesetzt. „Natürlich gibt es im Winter andere Risiken als im Sommer“, sagt Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund. Baustoffe und Materialien müssen regen- und frostsicher gelagert werden, bei bestimmten Arbeiten sind längere Trocknungszeiten einzuplanen. Das liegt in der Verantwortung der Baufirmen. Doch die vor Jahren noch übliche Winterpause auf dem Bau ist lange passé.

Bauablauf planen und Termine einhalten - das ganze Jahr über 

Ist bei Vertragsabschluss klar, dass es das ganze Jahr über Baumaßnahmen geben wird, gehören Winterschutzmaßnahmen zu einer ordnungsgemäßen Kalkulation. „Grundsätzlich entscheiden also die Baufirmen, wie der Bauablauf im Winter organisiert wird und ob eine Unterbrechung sinnvoll ist“, sagt Erik Stange.

Für den Bauherren gilt zu jeder Jahreszeit: „Die Baufirma schuldet ihm ein mangelfreies Bauwerk zum vereinbarten Fertigstellungstermin“, so Stange. Dennoch sollten sich private Bauherren nicht zurücklehnen, sondern ihre Baustelle gerade im Winter im Auge behalten.

In der kalten Jahreszeit oder im Sommer bauen - was ist besser?

Darum zu sorgen, dass ein Winterbau am Ende schlechter dasteht als ein im Sommer errichtetes Gebäude, brauchen Bauherren sich nicht. „Es ist technisch möglich und auch sinnvoll, in der kalten Jahreszeit weiterzuarbeiten“, sagt Henning von Daake vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. 

Unter Umständen kalkulieren die Firmen im Winter zwar mit höheren Kosten als im Sommer, weil spezielle Baustoffe oder besondere Schutzmaßnahmen erforderlich sind. „Demgegenüber steht jedoch der Vorteil der früheren Fertigstellung und Nutzung“, so Henning von Daake. 

Und: „Für den Bauherren kann es sogar Vorteile haben, denn er findet unter Umständen einfacher Firmen, die auch im Winter ihre Kapazitäten auslasten wollen“, erklärt der Experte.

Das Wetter bei der Planung einbeziehen

„Da niemand das Wetter über mehrere Wochen voraussagen kann, müssen sich Baufirmen generell auf Schlechtwetterzeiten vorbereiten“, sagt Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer. 

Zwar sind die Winter in den vergangenen Jahren mild ausgefallen, aber es gibt immer noch Zeiten, in denen die Temperatur weit unter dem Gefrierpunkt liegt. Die Monate Januar und Februar sind oft am kältesten. Dann sei wichtig, dass die Gebäudehülle vollständig geschlossen ist, notfalls auch provisorisch. „Auch Heizgeräte und Planen zum Abdecken sollten bereitstehen“, so Bökamp.

Die größte Gefahr ist ein plötzlicher Frosteinbruch - dies könne zu Rissen im Bauwerk führen, was statische Probleme nach sich ziehen kann. Zudem besteht die Gefahr, dass sich Schimmel bildet, wenn Frost ins Bauwerk eindringt. 

Wenn die Temperaturen fallen

Feuchtigkeit von außen ist in der Bauphase dagegen nicht besonders problematisch. Denn Materialien und Baustoffe weisen ohnehin bereits eine eigene Feuchtigkeit auf. Das macht einen Trocknungsprozess unvermeidlich. 

Auch moderate Kälte an Wintertagen macht den meisten Baustoffen und Materialien nichts aus. „Problematisch kann es bei Temperaturen unter fünf Grad Celsius werden“, sagt Henning von Daake. Besonders bei Arbeiten im Freien, die mit Wasser in Verbindung stehen, sei dann Vorsicht angebracht. Denn wasserbasierte Materialien, wie Beton, Mörtel und Putz können bei Temperaturen unter fünf Grad Celsius nicht ihre Festigkeit entwickeln. 

Bei solchen „witterungskritischen Arbeiten“ müsse dann pausiert werden. Oder es werden zusätzliche Maßnahmen notwendig. „Zum Beispiel können frisch betonierte Flächen mit wärmedämmenden Matten abgedeckt werden“, erklärt Henning von Daake. 

Fußböden oder Heizung einbauen - geht fast immer

Sogenannte „witterungsunkritische Arbeiten“ sind grundsätzlich den ganzen Winter über möglich. „Wenn der Rohbau geschlossen und ausreichend beheizt ist, können sämtliche Innenausbauarbeiten ausgeführt werden“, sagt Stange. Elektroinstallation, Einbau der Heizung, Verlegen von Fußböden - all das kann gemacht werden, auch wenn es draußen sehr kalt ist, so der Experte.

Aber auch hier spielt die Temperaturuntergrenze von fünf Grad Celsius eine Rolle - nicht alles ist unproblematisch. Denn: „Estrich- oder Putzarbeiten sollten nicht unterhalb dieser Grenze stattfinden“, so Stange.

Baufirma entscheidet

Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) gilt normale winterliche Witterung nicht als „schlechtes Wetter“ und darf auch nicht zu einer Verzögerung beim Bauen führen. Ob im Winter durchgearbeitet wird oder eine Pause notwendig ist, entscheiden letztlich aber die Baufirmen. 

„Bauherren können davon ausgehen, dass die Fachleute in den beteiligten Firmen wissen, welche Arbeiten bei welchen Temperaturen ausgeführt werden können“, sagt Henning von Daake.

Lüften ist bei Neubauten trotz Kälte wichtig

Ist das Haus fertig gebaut, ist nach dem Einzug eines unerlässlich: Die Feuchtigkeit, die sich in der Bauphase angesammelt hat, herauszubekommen. „In einem Quadratmeter Wand steckt ein halber Eimer Wasser. Es braucht seine Zeit, bis diese Menge raus ist“, sagt Heinrich Bökamp.

Bewohner von Neubauten sollten deshalb unbedingt gründlich und ausdauernd heizen und lüften. „Mindestens ein Jahr lang muss man das Haus gut im Auge behalten. Wird nicht genügt geheizt und gelüftet, bleibt die Feuchtigkeit im Bauwerk und es entsteht Schimmel.“

Winterbauten haben dabei sogar einen Vorteil: „Man kann den Sommer nutzen, um gut zu lüften und zu trocknen“, so Heinrich Bökamp. Umgekehrt sei das schwieriger, wenn das Haus im Sommer gebaut und zum Winter fertiggestellt wird. „Dann ist das Heizen und Lüften des Neubaus viel aufwendiger.“

© dpa-infocom, dpa:251023-930-200428/1


Von dpa
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